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375 Verhandlungstage: Die Chronik des NSU-Prozesses

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In München wird seit Mai 2013 gegen Beate Zschäpe und andere verhandelt. Unser Autor war an fast allen Prozesstagen dabei. Ein Blick in seine Chronik.
Unser Reporter Frank Jansen begleitet den NSU-Prozess in München von Beginn an. Er war bei fast jedem Prozesstag dabei und hat über die meisten auch etwas geschrieben. Seine Reportagen sind dann jeweils verlinkt. Klicken Sie dafür einfach auf den Tag. 500 Zeugen, juristische Scharmützel: Lesen Sie hier eine Zwischenbilanz zum dritten Jahrestag des Prozessbeginns vom 6. Mai 2016.
Tag 1 / 6. Mai 2013: Turbulenter Auftakt. Vor dem Eingang zum Gerichtsbunker stehen Zuschauer und Journalisten in langen Schlangen. Manche Besucher sind schon in der Nacht gekommen, um sich einen der 100 Plätze auf der Tribüne im Saal A 101 zu sichern. Kurz vor zehn Uhr kommen die Angeklagten Beate Zschäpe, Ralf Wohlleben, Carsten S., Holger G. und André E.. Im Mittelpunkt steht Zschäpe, sie wird von Fotografen und Kameraleuten bedrängt und abgelichtet wie ein Filmstar. Die Frau reagiert, wie sie es nun täglich machen wird: sie dreht den Journalisten den Rücken zu.
Die Verhandlung dauert am ersten Tag nicht lange. Einer der drei Verteidiger Zschäpes, Wolfgang Stahl, verliest einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter des 6. Strafsenats, Manfred Götzl. Die Anwälte stört, dass sie sich wie die Besucher abtasten und durchsuchen lassen müssen. Götzl überrascht mit seiner Reaktion: er setzt die weitere Prozesswoche komplett ab. Der Befangenheitsantrag wird wie alle weiteren, die bis heute gestellt wurden, von Richtern des OLG abgelehnt.
Tag 2 / 14. Mai 2013: Bundesanwalt Herbert Diemer verliest den 35-seitigen Anklagesatz. Zschäpe wird der Mittäterschaft bei allen Verbrechen der Terrorzelle beschuldigt. Die Angeklagten Ralf Wohlleben und Carsten S. sollen die Pistole Ceska 83 besorgt haben, mit der die NSU-Mörder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt neun Migranten erschossen. Holger G. und André E. sollen den NSU unterstützt haben. Zschäpes Verteidiger Wolfgang Heer beantragt, den Prozess auszusetzen.
Tag 3 / 15. Mai 2013: Wohllebens Verteidigerin Nicole Schneiders fordert ebenfalls, die Verhandlung auszusetzen. Laut Schneiders fehlen ihr Akten zur Waffe Ceska 83.
Tag 4 / 16. Mai 2013: Der Strafsenat lehnt die von Zschäpes Verteidigern beantragte Aufzeichnung der Aussagen von Zeugen ab. Die Anwälte der Hauptangeklagten kündigen an, Zschäpe werde sich nicht zur Anklage äußern. Auch die Verteidiger Wohllebens und die von André E. erklären, ihre Mandanten würden sich nicht einlassen. Nur Carsten S. und Holger G. wollen Angaben zu den Tatvorwürfen machen.
Tag 5 / 4. Juni 2013: Der Angeklagte Carsten S. gesteht, er habe im Frühjahr 2000 die Pistole Ceska 83 nach Chemnitz an Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gebracht. Die beiden Neonazis versteckten sich dort mit Beate Zschäpe. Carsten S. belastet zudem Ralf Wohlleben. Der soll den Kauf der Waffe eingefädelt und das Geld dafür gegeben haben.

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