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Theresa May: Plötzlich solidarisch

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Dies war nicht die erhoffte, bahnbrechende Rede. Immerhin war sie ein Versuch, die Tonart zu wechseln. Das kann bei festgefahrenen Verhandlungen nicht schaden.
Wenn britische oder europäische Politiker über den Brexit reden,
ergehen sie sich oft in technischen Details, Gesetzen und
komplizierten Problemen. Als Beobachter steht man davor wie vor einem
Fernseher, der sein Signal verloren hat: Das Bild ist von schwarzen
und weißen Punkten übersät, alles flimmert. Was ist jetzt nochmal
der Stand der Verhandlungen? Um zu verstehen, woher das Problem
kommt, hilft es, einen Schritt zurückzutreten. Und sich eine Sache
vor Augen zu führen: Beim Brexit geht es nicht in erster Linie um
EU-Recht. Es geht vor allem um Zeit.
Zum Beispiel Theresa Mays Rede heute. Sie kommt 15 Monate nach dem
Referendum, 15 Wochen nach ihrem Wahldebakel und drei Tage vor Beginn
der nächsten Verhandlungsrunde mit der Europäischen Kommission.
Viel Zeit ist also verstrichen, ohne dass die Frage beantwortet wurde, was der Brexit
eigentlich ist. May hat nun gesagt, dass
Großbritannien ab dem offiziellen Austritt am 30. März 2019 in eine
zweijährige Übergangsphase treten solle. Da die Regeln der EU
weiter gelten sollen, ist es im Grunde eine Verlängerung der
jetzigen Situation. Die Scheidung wird hinausgezögert.
Dies war nicht die bahnbrechende Rede, die sich viele Beobachter
erhofft hatten. Es war eher eine Ankündigung, dass der Durchbruch
noch erfolgen wird. Und eine Beruhigungspille für die nervösen
Firmen und europäischen Ausländer. Die Regierung braucht noch Zeit,
um herauszufinden, was für einen Brexit sie will und ob sie ihn
umsetzen kann.
Es gibt ja auch viel zu klären. Zu den offenen Fragen gehört nicht
nur, was aus den 1,2 Millionen Briten in Europa und den 3 Millionen
Europäern in Großbritannien wird.

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