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Aus der Jamaika-Sondierung 2017: Die Angst der FDP vor dem Regieren

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Die FDP lässt die Jamaika-Sondierungen in der Nacht zu Montag überraschend platzen. Union und Grüne sagen, die Lindner-Partei habe Angst vor dem Regieren gehabt. Nun bricht für Deutschland etwas Neues an – eine Zeit der Instabilität.
Es ist ein Moment, wie ihn noch keiner der Beteiligten je erlebt hat. Fast symbolisch wählt Christian Lindner die Uhrzeit aus für das, was er der Republik zu verkünden hat. Um fünf vor zwölf in der Nacht ist er fertig mit seiner Begründung, warum die FDP partout nicht regieren will. Und die Republik hat ein Problem.
“Den Geist des Sondierungspapiers können und wollen wir nicht verantworten. Viele der diskutierten Maßnahmen halten wir sogar für schädlich. Wir wären gezwungen, unsere Grundsätze aufzugeben und all das, wofür wir Jahre gearbeitet haben. Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren”, liest der stets smarte 38-Jährige im grellen Licht der Kamera-Scheinwerfer vor der Landesvertretung Baden-Württembergs in Berlin ab. So, als ginge es gerade nicht um den Super-Gau in der Politik, wie ein Christdemokrat sagt. Sondern um die Absage einer Klassenfahrt.
Kein Danke, kein Sorry, kein Tschüss
Drinnen stehen die verblüfften Politiker von CDU, CSU und Grünen, die vom Abgang der FDP dadurch erfahren haben, “dass die Herren völlig überraschend und wortlos nach draußen getapert sind”, wie ein CDU-Vorstandsmitglied berichtet. Lindner habe zwar der Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzenden Angela Merkel in der kleinen Verhandlungsrunde seine Entscheidung mitgeteilt. Aber dann seien sie einfach alle abgehauen. Kein Danke, kein Sorry, kein Tschüss.
Dabei seien alle davon ausgegangen, dass weiter verhandelt werde. Es seien schon 95 Prozent aller Themen zum Abschluss gekommen. Die fünf Prozent wären auch noch möglich gewesen, sagen enttäuschte Unterhändler. Der Grünen-Politiker Michael Kellner hatte noch gegen 22 Uhr einen optimistischeren Eindruck gemacht als Stunden zuvor.
Und der CSU-Politiker Hans Michelbach hatte gegen 23.15 Uhr schon die Einigung auf den Abbau des Solidaritätszuschlags und der Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer bekanntgegeben. Aber das währte nur kurz. Wenig später trat er noch einmal vor die Journalisten und zog seine Äußerungen zurück. Trotzdem lag Bewegung in der Luft.

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