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Direkte Demokratie hebt Polit-Establishment nicht aus Angeln

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Der deutsche Politologe Eike-Christian Hornig hat neun westeuropäische Staaten untersucht. Sein Fazit: Bürger stimmen kaum anders ab als von den Parteien empfohlen.
Die geplante Aufwertung der direkten Demokratie wird das parlamentarische System in Österreich nicht aus den Angeln heben. Internationale Erfahrungen zeigen nämlich, dass die Bürger kaum anders abstimmen als von den Parteien empfohlen. Der deutsche Politologe Eike-Christian Hornig, der neun westeuropäische Staaten untersucht hat, spricht sogar von einer “Parteiendominanz der direkten Demokratie”.
Hornig hat die Ergebnisse von 200 Volksabstimmungen in Bezug gesetzt zur Wählerstärke der Parteien und ihren Abstimmungsempfehlungen. Demnach gingen die Volksabstimmungen zu 84 Prozent so aus, wie es die Stimmenanteile der Parteien bei den vorgangenen Wahlen hatten erwarten lassen. “Weniger als ein Fünftel der Wähler” stimmt also bei Referenden anders ab als von “ihrer” Partei empfohlen. Besonders “parteitreu” sind die Stimmbürger ausgerechnet in jenem Staat, der die höchste Referendumsfrequenz hat: In der Schweiz beträgt der Unterschied zwischen Wahl- und Referendumsergebnissen nur rund zehn Prozent.
Wenn sich die politische Elite geschlossen hinter einen Vorschlag stellt, fällt dieser an der Wahlurne kaum durch. In Irland, wo alle Verfassungsänderungen einem Referendum unterzogen werden müssen, ist noch keine einmütig unterstützte Vorlage gescheitert. So wurde das erzkatholische Irland im Jahr 2015 zum ersten Land der Welt, das in einem Referendum für die Legalisierung der Homo-Ehe votierte.
Freilich zeigt die irische Praxis auch, wann Volksabstimmungen aus Sicht der Parteien “schief gehen” können. Unerwartete Referendumsergebnisse gibt es vor allem dann, wenn die Parteien bei einem Thema intern zerrissen sind. Das ist bei vielen EU-Referenden der Fall: In Irland wurden die Verträge von Nizza und Lissabon jeweils erst im zweiten Anlauf angenommen. Gut belegt ist mittlerweile auch die Amtszeit-These: Je länger eine Regierung im Amt ist, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine Volksabstimmung verliert.
Oppositionsparteien können sich aber nur bedingt die Hände reiben: Zwar gelingt es ihnen regelmäßig, ihre Anhänger besser zu mobilisieren als die Regierungsparteien.

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