Home Deutschland Deutschland — in German Karl Kardinal Lehmann: Er liebte die Kirche und die Menschen

Karl Kardinal Lehmann: Er liebte die Kirche und die Menschen

314
0
SHARE

Kardinal Lehmann kämpfte immer für eine offene Kirche und für einen der Welt zugewandten Glauben – auch auf Kosten der eigenen Karriere. Nun ist er gestorben.
Karl Kardinal Lehmann ist tot. Lehmann war der wohl größte Glücksfall der katholischen Kirche in der letzten Generation. Der emeritierte Bischof von Mainz und langjährige Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz starb am Morgen des 11. März, wenige Wochen vor seinen 82. Geburtstag, an den Folgen eines Schlaganfalls, den er im Herbst 2017 erlitten hatte.
Lehmann, der gelehrte, leutselige Kardinal mit seiner behäbigen Sprache, war das Gesicht und die Stimme des Katholizismus in einer Gesellschaft, in der die Religion immer weniger dominiert. Lehmann konnte zuhören, argumentieren – und repräsentierte eine Kirche, die mit der Gesellschaft im Dialog bleibt. Mit ihm war der Katholizismus, der sich gerne abschottet und seinen Machtverlust betrauert, mitten unter den Menschen zu Hause. Lehmann stellte sich hinter Angela Merkels Flüchtlingspolitik, er befürwortete Moscheebauten in Deutschland wie auch die Einrichtung islamischer Abteilungen an Universitäten und plädierte für einen kritischen Dialog mit der AfD. Politiker baten ihn gern um Rat.
Lehmann sah seine katholische Kirche immer wieder kritisch – obwohl Kritik in einem hierarchischen System wie der katholischen Kirche das selten die Karriere fördert. Als Bischof kämpfte er lange vergeblich gegen die Entscheidung Papst Johannes Pauls II., die deutschen Bischöfe 1999 dazu zu zwingen, aus der Schwangerschaftskonfliktberatung auszusteigen. Der Papst wollte das, weil der Beratungsschein eine Abtreibung ermöglichte. Lehmann dagegen wollte die Konflikte an der Seite der Frauen austragen, nicht gegen sie. Auf die Frage, ob die beiden großen Kirchen nur noch Spitzfindigkeiten trennen würden, antwortete er einmal: “So denke ich manchmal beinahe selbst.” Als der Vatikan 1979 dem papstkritischen Tübinger Theologen Hans Küng die Lehrerlaubnis entzog, sah Lehmann einen “rabenschwarzen Tag für die Theologie und eine Krise für die Kirche”.

Continue reading...