Home Deutschland Deutschland — in German Wer im Asylstreit bei CDU und CSU welche Rolle spielt

Wer im Asylstreit bei CDU und CSU welche Rolle spielt

218
0
SHARE

Der Richtungsstreit um die Flüchtlingspolitik ist ein Spiel mit verteilten Rollen. Eine Galerie der Akteure in der Union – und was sie antreibt.
Auf den ersten Blick ist er der zentrale Gegenspieler der Kanzlerin. Seehofer ist Parteichef, er ist Bundesinnenminister, sein Name steht über dem „Masterplan Migration“, über den alle streiten, den aber bisher praktisch niemand kennt. Außerdem hat er sich schließlich eineinhalb Jahre lang eine bittere Fehde mit Merkel geliefert.
Aber in der CDU fragen sich inzwischen selbst Leute, die inhaltlich seine Linie teilen, wie viel Beinfreiheit der 68-Jährige noch hat. Mancher stellt die Frage, ob Seehofer die Zurückweisung wirklich als Sofortmittel in seinen Plan schreiben wollte und nicht nur als letzten Ausweg für den Fall, dass die Flüchtlingszahlen sich irgendwann den vereinbarten Grenzwerten nähern würden.
Unbestreitbar jedenfalls, dass Seehofer als alternder Löwe auch im Schwarzer-Peter-Spiel steckt. Andererseits hat der erfahrene Spieler bisher den interessantesten Zug gemacht. Als Seehofer ankündigte, notfalls im Alleingang zu handeln, deuteten das die meisten als finale Zuspitzung. Aber der Minister hat sich – und damit indirekt Merkel – zugleich Zeit gekauft.
Sein Vor-Vorgänger Hans-Peter Friedrich hat diese Spielvariante zu Ende gedacht: Am Montag ermächtigt der CSU-Vorstand den Chef zum Alleingang. Dann wird der „Masterplan“ endlich mal vorgestellt. Dann wird die Zurückweisung vorbereitet – die Bundespolizei braucht ja Zeit für ein neues Kontrollregime. Und dann ist plötzlich der Monat zu Ende. Entweder bringt Merkel vom EU-Gipfel Rückübernahme-Absprachen mit Italien und anderen Ländern nach Hause – dann erklärt sich der CSU-Chef zum Vater des Erfolgs. Oder Merkel bringt nichts mit – ja, dann kann auch die Kanzlerin nicht mehr Nein sagen.
ist das Produkt aus Edmund Stoiber und Horst Seehofer, und so tritt er auch auf. Söder hat in zwei Tagen in Berlin die Ministerpräsidentenkonferenz düpiert, die Zusammenarbeit zwischen Staaten in Europa für altmodisches Zeug erklärt und den Flüchtlingsstreit mit Merkel zum „Endspiel um die Glaubwürdigkeit“ erklärt. Das alles nur auf schlechte Vorbilder zurückzuführen, greift allerdings zu kurz. Der Franke steht als Spitzenkandidat für die Landtagswahl massiv unter Erfolgsdruck.
Bisher deutet nichts darauf hin, dass er der CSU die absolute Mehrheit retten kann. Bisher spricht auch nichts dafür, dass die AfD in Bayern an Zulauf verliert. Aber Söder muss am 14. Oktober liefern. Denn er ist von Parteifreunden umgeben. Besonders einer wäre zu nennen. Söder hat Seehofer in einem Moment der Schwäche aus der Münchner Staatskanzlei geputscht. Seehofer vergisst Demütigungen nie. Und Söder kennt natürlich den Satz, den man in der CSU hören kann: „Nach der Wahl werden die Karten völlig neu gemischt.“
Da darf man nicht derjenige sein, der den Schwarzen Peter zieht. Nicht nur die christsoziale Tradition, sondern vor allem dieses ganz spezielle Peter-Prinzip erklärt einen Großteil der Lautstärke und Vehemenz, mit der die CSU Merkel unter Feuer nimmt: Wenn es schiefgeht bei der Wahl, will es keiner gewesen sein. Das hat einen regelrechten Wettbewerb um das härteste Auftreten in Gang gesetzt. Söder hat noch vor Kurzem die Zurückweisung bestimmter Flüchtlingsgruppen an der Grenze nur für den Fall gefordert, dass die Einrichtung von Ankerzentren nicht funktioniert. Neuerdings kann es auch ihm nicht mehr schnell genug gehen, Zentren hin oder her.
Der Fraktionsvorsitzende ist in dem ganzen Spiel der ärmste Hund. Kauder hat Merkel seit Oppositionszeiten treu zur Seite gestanden, erst als Generalsekretär, seit ihrer Wahl zur Kanzlerin 2005 als Fraktionschef. Aber der treue Knappe ist qua Amt nun mal Vorsitzender der Unionsfraktion und kann sich als personifizierte Einheit der Schwesterparteien nicht einfach auf eine Seite schlagen. Der 68-Jährige will im Herbst obendrein wiedergewählt werden – auch das geht nicht ohne die bayerischen Brüder und Schwestern.
Diese schwierige Position erklärt allerdings nicht den schweren Fehler, der ihm vorige Woche unterlief. Der Streit um die Zurückweisung kochte am Dienstag schon hoch. Vor der regulären Fraktionssitzung steckten Merkel, Seehofer und Kauder demonstrativ die Köpfe zusammen.

Continue reading...