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Infrastruktur in Deutschland: "Die Brücke in Genua gehört zu einem sehr speziellen Typ"

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Nach dem Unglück in Italien: Wie ist die Situation in Deutschland? Ein Gespräch mit dem Bauingenieur und Brückenexperten Manfred Curbach von der TU Dresden.
DIE ZEIT:
Hat es in Deutschland jemals ein vergleichbares Unglück gegeben wie den Einsturz der
Autobahnbrücke in Genua am Dienstag?
Manfred Curbach:
Meines Wissens nicht. Wir hatten zwar einige Unglücke in der Bauphase. Wenn aber eine
Brücke mal dem Verkehr übergeben worden ist, kam es bisher nie zu einem Unfall.
ZEIT:
Gibt es hier denn vergleichbare Bauten?
Curbach:
Nein. Die Brücke in Genua gehört zu einem sehr speziellen Typ, der weltweit wohl nur
dreimal von dem Bauingenieur Riccardo Morandi gebaut wurde – eine Schrägseilbrücke, bei der
die Schrägseile noch mit Beton ummantelt sind.
ZEIT:
Aber es handelt sich auch um eine Spannbetonbrücke, so wie 70 Prozent der 40.000 Bauwerke
an deutschen Fernstraßen. Und Spannbeton hat schon öfter versagt, etwa 1980 beim Einsturz
der Berliner Kongresshalle.
Curbach:
Ja, aber ich halte Spannbeton trotzdem für einen sehr geeigneten Werkstoff im
Brückenbau.
ZEIT:
In Deutschland müssen viele Betonbrücken der 1960er-Jahre bereits grundsaniert werden.
Aber es gibt über hundert Jahre alte Stahlbrücken, die immer noch in Betrieb sind. Hält
Stahl grundsätzlich länger als Stahlbeton?
Curbach:
Nein. Wenn man sie richtig behandelt, halten beide Materialien sehr lange. Stahlbrücken
können korrodieren. Das weiß man aber von Anfang an, und deswegen gibt es ein genau
festgelegtes Intervall, in dem man sie mit neuem Rostschutz pflegen muss. Als der Beton in
den 1960er-Jahren seinen Erfolgszug hingelegt hat, da hat man geglaubt: Beton hält ewig – im
Gegensatz zum Stahl. Heute wissen wir: Auch Beton altert.
ZEIT:
In den 1960er-Jahren, bei Wirtschaftsboom und Vollbeschäftigung, floss der Beton in
Strömen.

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