Russland führte wohl von Anfang an einen Gaskrieg gegen die Ukraine. Je festgefahrener die Pattsituation an der Front, desto massiver die Einsätze.
Stand: 19.04.2025, 21:57 Uhr
Von: Karsten-Dirk Hinzmann
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Russland führte wohl von Anfang an einen Gaskrieg gegen die Ukraine. Je festgefahrener die Pattsituation an der Front, desto massiver die Einsätze.
Saporischschja – „Der Einsatz chemischer Munition durch russische Streitkräfte scheint Teil einer umfassenden, systematischen Praxis zu sein, die während der gesamten Invasion zu beobachten war“, schreibt Sofiia Syngaivska. Die Autorin des Magazins Defense Express berichtet, dass erneut Stellungen der Ukraine bei Saporischschja durch Wladimir Putins Invasionsarmee mit RG-Vo-Giftgasgranaten angegriffen worden seien. Demnach würde Russland ein Kriegsverbrechen begehen – chemische Waffen sind seit dem Genfer Protokoll von 1925 und somit seit fast einem Jahrhundert geächtet.
Defense Express und andere Medien beziehen sich auf einen Telgram-Beitrag des ukrainischen Geheimdienstes HUR: „Derzeit werden an der Frontlinie, insbesondere in der Region Saporischschja in der Nähe der Siedlung Schtscherbaky, zunehmend Fälle registriert, in denen der Feind Giftgasmunition einsetzt“, zitiert Defense Express den HUR – die Granaten würden wohl von Drohnen abgeworfen. Tatsächlich ist der Einsatz dieser Waffe offenbar schon länger bekannt – wie das Magazin Defense Blog berichtet, seit Dezember 2023.
Die Waffe wird in verschiedenen Quellen beschrieben als Handgranate für defensiven Einsatz, beispielsweise aus Schützengräben heraus oder aus anderweitigen Stellungen; sie hat eine Splitterwirkung und soll in einem Umkreis bis zu 20 Metern tödlich sein –statt eines kugelförmigen Körpers besteht die RG-Vo allerdings aus einem zylindrischen Gehäuse. Laut Andrii Rudyk enthalte die RG-Vo-Granate nämlich statt Splittern die giftige chemische Verbindung Chloracetophenon, oder kurz CN, wie der Sprecher des Zentrums für die Erforschung erbeuteter und moderner Waffen und Militärausrüstung des Generalstabs der ukrainischen Streitkräfte in einer Pressekonferenz erklärte.
Laut Defense Blog habe Rudyk erklärt, die „tödliche Toxizität liege bei 11 Milligramm/Minute/Kubikmeter“ – diese Einheit bezeichnet die tödliche Konzentration für die Hälfte der Betroffenen; sie wird gebildet aus der Giftkonzentration und der Dauer der Inhalation. „Etwa 70 Tropfen dieses Gases reichen aus, um einen Erwachsenen zu töten“, erklärte Rudik auf der Pressekonferenz. Ihm zufolge seien allein im Dezember 2023 insgesamt 81 russische Granaten mit giftigen Substanzen eingesetzt und registriert worden. Seitdem hat offenbar die Zahl der registrierten Fälle drastisch zugenommen.
CN sei aber lediglich einer von zwei nachgewiesenen Kampfstoffen, wie die britische Times aktuell berichtet: Demnach setzten die Truppen von Wladimir Putin allein im vergangenen Monat insgesamt 767 Mal Tränengas, Chlorpikrin und andere „nicht identifizierte Chemikalien“ ein, im Februar 844 Mal und im Januar 740 Mal, wie Maxim Tucker schreibt unter Berufung auf die Abteilung für Strahlen-, Chemikalien- und Bioschutz der ukrainischen Streitkräfte (RCBZ).
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Deutschland — in German Schmutzige Bomben im Ukraine-Krieg: Russland soll mit Drohnen giftige Chemikalien abwerfen