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Martin Schulz: Straight outta Würselen

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NewsHubAls Martin Schulz am vergangenen Sonntag seine Antrittsrede als SPD-Kanzlerkandidat hielt , stand er mit beiden Beinen in Berlin, mit dem Kopf aber war er in Würselen, seiner Heimatstadt. Er werde Politik für die „hart arbeitenden Menschen“ machen, sagte Schulz, für jene, „die sich an die Regeln halten“. Er dachte dabei an seine Nachbarn und seine Schulkameraden, an die nordrhein-westfälisch Kleinstadt, in der er elf Jahre lang Bürgermeister gewesen war, bevor er 1998 ganz nach Brüssel wechselte und es bis zum Präsident des EU-Parlaments brachte. Martin Schulz, der Mann, der fünf Sprachen spricht, bretonisch noch dazu, aber immer noch Probleme hat, das „sch“ an die richtige Stelle zu setzen.
Niemand muss sich an seiner Herkunft messen lassen. Es sei denn, er tut alles dafür, so wie Martin Schulz. Sind wir nicht alle ein bisschen Würselen, fragt er bei jeder Gelegenheit und gibt die Antwort vorsichtshalber gleich selbst: Ja, natürlich sind wir das. Schulz ist über diesen Ort hinausgewachsen, ohne ihn hinter sich zu lassen, jedenfalls stellt er das so dar. Würselen ist seine Allzweckwaffe, sie ist Metapher, Legitimation und Programm zugleich. Ein Ort wie aus dem Märchenbuch.
Das echte Würselen hat 40.000-Einwohner und liegt nordöstlich von Aachen im Dreiländereck Deutschland, Belgien, Niederlande. Eine Kleinstadt, in der die Bäckereifachverkäuferin das belegte Baguette „schön knusprig antoastet“ und sich nach dem Befinden des werten Gatten erkundigt. Wo die Nachkriegsbauten trotz ihrer Kanten eine gewisse Gemütlichkeit ausstrahlen, weil sie nie mehr als drei Stockwerke haben, und die Einkaufsstraße im Ort so schmal ist, dass die Laternen an einem Stahlseil hängen, gespannt von einer Fassade zur anderen. Fluchtpunkt ist die St.-Sebastian-Kirche, die sie hier Wöschelter Dom nennen und deren Glockenläuten noch Ehrfurcht verbreitet, egal, ob man nun fromm ist oder nicht.

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