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Großbritannien: Schaulaufen der großen Versprechen

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Zehn Tories haben ihre Kandidatur eingereicht, um Premierministerin Theresa May zu beerben. Bei den Konservativen zählt nur eins: der ganz harte Brexit-Verfechter.
Im Gerangel um das Amt des Premierministers in Großbritannien ist wenig Realitätssinn im Spiel. Bei der Auswahl der Kandidaten zählt für die Torie-Partei nicht, wieviel
Erfahrungen ein Kandidat mit der EU gesammelt hat, welches
wirtschaftliches Verständnis er hat, ob er die Regeln der
Welthandelsorganisation kennt oder weiß, wie die Grenzübergänge in den
Häfen funktionieren. In den Augen der Konservativen ist wichtig, ob jemand ein
“echter Brexit-Verfechter” ist, der bereits in der Volksabstimmung 2016
für den Austritt aus der EU gestimmt hat oder nicht.
Acht Kandidaten und zwei Kandidatinnen bewerben sich um die Nachfolge von Theresa May. May hatte am Freitag ihren Posten als Vorsitzende der Konservativen Partei abgegeben. Sobald ihre Nachfolge als Parteichefin geregelt ist, wird sie – voraussichtlich Ende Juli – auch als Premierministerin abtreten.
Bis Ablauf der Frist am Montagabend hatten sich folgende Tories für die Kandidatur für das Spitzenamt in Partei und Regierung qualifiziert: der ehemalige Außenminister Boris Johnson, der ehemalige Brexit-Minister Dominic Raab, Außenminister Jeremy Hunt, Umweltminister Michael Gove, Gesundheitsminister Matt Hancock, Innenminister Sajid Javid, der konservative Abgeordnete Rory Stewart, die ehemalige Fraktionsvorsitzende Andrea Leadsom, die ehemalige Arbeitsministerin Esther McVey und der konservative Abgeordnete Mark Harper, einst Minister im Kabinett von David Cameron.
Die Kandidaten und Kandidatinnen übertreffen sich derzeit mit markigen Interviews und Reden, die alle ein Ziel haben: die Partei und die konservativen Abgeordneten im Parlament zu überzeugen. Vollmundig versprechen sie Steuergeschenke (Boris Johnson),
wollen den Mindestlohn auf umgerechnet 11,50 Euro erhöhen (Hancock), die
Verteidigungsausgaben erhöhen (Raab). Sie stempeln Theresa May zum
Sündenbock ab (McVey) und behaupten, Großbritannien sei von Brüssel
gedemütigt worden und müsse auf der Weltbühne wieder eine große Rolle
spielen (Raab).
Ob man mit all diesen Versprechungen und Anfeindungen Politik machen, mit der EU
verhandeln und den Brexit liefern kann, ist keinesfalls sicher. Die Kandidatur ist ein von der Krisensituation Großbritanniens losgelöstes Schaulaufen mit wenig Bezug zur Wirklichkeit.

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