Die deutsche Regierung lässt Asylmigranten an den Grenzen zurückweisen. Doch die Klage einer somalischen Asylbewerberin könnte Kanzler Merz Probleme bereiten.
Die deutsche Regierung lässt Asylmigranten an den Grenzen zurückweisen und löst ein Wahlversprechen von Kanzler Merz ein. Doch die Klage einer somalischen Asylbewerberin könnte die Regierung in Bedrängnis bringen.Rechtliche Grauzone: Ein deutscher Polizist kontrolliert an der deutsch-polnischen Grenze in Mecklenburg-Vorpommern einen Autofahrer.
Die Frau und die beiden Männer kamen aus Somalia, ihr Ziel war Deutschland. Ihr Weg war ein Umweg – aber erfolgversprechend: Sie reisten von Weissrussland nach Litauen ein und gelangten schliesslich über Polen in ihr Wunschland.
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Es war der 9. Mai, die neue Bundesregierung war gerade im Amt. Bundeskanzler Friedrich Merz hatte Grenzkontrollen ab dem ersten Tag seiner Kanzlerschaft versprochen, und nach einer Weisung des Bundesinnenministers Alexander Dobrindt folgte die Bundespolizei nun bereits der strengeren Linie. Die Regierung wollte Entschlossenheit und Handlungsfähigkeit demonstrieren.
Die drei Somalier waren in den Tagen zuvor an der Grenze schon mehrmals zurückgewiesen worden. Schliesslich gelangten sie aber mit dem Zug doch nach Frankfurt an der Oder, wo die Bundespolizei sie am Bahnhof kontrollierte – und noch am selben Tag zurück nach Polen schickte. Nicht jedoch, ohne sie vorher anzuhören und ihnen einen Bescheid über die verweigerte Einreise auszuhändigen.
Mit Unterstützung der NGO Pro Asyl beantragten die Migranten von einem Hotel in Polen aus einstweiligen Rechtsschutz in Deutschland. Das Verwaltungsgericht Berlin verpflichtete die Bundesrepublik Deutschland dann am 2. Juni per Beschluss, ihnen die Einreise zu gestatten und das Dublin-Verfahren durchzuführen.Formelles Verfahren muss beachtet werden
Das Dublin-Verfahren geht auf eine europäische Verordnung zurück und soll sicherstellen, dass die Behörden der EU-Staaten in einem förmlichen Verfahren prüfen, welcher Staat für ein Asylverfahren überhaupt zuständig ist. Dafür darf ein Migrant erst einmal einreisen und sich in Deutschland aufhalten.
Damit ist für ihn schon einiges gewonnen, in der Mehrheit der Fälle sogar alles: Selbst wenn ein anderer Staat zuständig sein sollte – meist der, über den er zuerst in die EU eingereist ist –, heisst das noch lange nicht, dass das Land die Person tatsächlich zurücknimmt. Und auch wenn eine Rücknahme zugesagt wird, können Klagen der Asylbewerber oder ein Untertauchen das Verfahren erheblich in die Länge ziehen oder behindern. Wer im Land ist, kann vorerst bleiben.
Die neusten Zahlen sprechen eine klare Sprache: Laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wurden in diesem Jahr bislang nur etwa 23 Prozent der Asylbewerber, für die eine Rücknahmezusage vorlag, auch tatsächlich von Deutschland an einen anderen Staat überstellt. Von allen, für die ein anderes Land um eine Rücknahme ersucht wurde, sind seit Januar zirka 15 Prozent überstellt worden.
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Deutschland — in German Zurückweisungen an der Grenze – die Stunde der Wahrheit naht