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OSZE-Mission kritisiert "ungleiche Bedingungen" bei Türkei-Wahl

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Der unterlegene CHP-Kandidat Ince erkennt Erdogans Sieg an – und sorgt sich um die Zukunft des Landes. Der Grünen-Politiker Özdemir übt scharfe Kritik.
Der türkische Oppositionskandidat Muharrem Ince hat das Ergebnis der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am Sonntag anerkannt. Die eigenen Ergebnisse der Präsidenten- und Parlamentswahlen unterschieden sich nicht wesentlich von denen der Wahlkommission, sagte der Kandidat der linksnationalistischen CHP bei einer Pressekonferenz in Ankara. „Ich erkenne die Wahlergebnisse an.“ Trotzdem bezeichnete er die Wahlen als « unfair ». „Diese Wahl war, angefangen von der Art ihrer Ankündigung bis hin zur Verkündung der Ergebnisse, in allem eine unfaire Wahl“, sagte Ince in der Zentrale der Mitte-Links Partei in Ankara.
Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE, kritisierte die Wahlen in der Türkei. Die Wahlbeobachtermission stellte einen « Mangel an gleichen Bedingungen » bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am Sonntag fest. Zugleich kamen die OSZE-Beobachter aber in ihrem am Montag vorgelegten Bericht zu dem Schluss, dass trotz etlicher Unregelmäßigkeiten am Wahltag die Regeln « weitgehend eingehalten » worden seien.
Ince äußerte zudem große Sorgen über die Zukunft des Landes. Ince warnte, das „neue Regime“ sei eine „große Gefahr“ für die Türkei. Eine Partei, „sogar eine einzige Person“, sei Staat, Exekutive, Legislative und Justiz geworden. „Im System gibt es keinen Mechanismus, der Willkür und Grobheit im Weg steht“, sagte er. „Die Türkei hat ihre Bindung zu demokratischen Werten gelöst.“
Ince beklagte am Montag Unregelmäßigkeiten bei der Wahl, die noch aufgeklärt werden müssten. Auch Wahlbeobachter hatten Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung am Sonntag gemeldet. Erdogan hatte dagegen von einem „Fest der Demokratie“ gesprochen. Die Opposition hatte bei der Stimmenauszählung Manipulationsvorwürfe erhoben. Vereinzelt kam es zu Protesten von Anhängern der Opposition.
Die Wahlkommission hatte Erdogan bereits in der Nacht zum Montag bescheinigt, dass er bei der Präsidentenwahl in der ersten Runde die absolute Mehrheit gewonnen hatte. Erdogan selber hatte sich bereits zuvor zum Sieger erklärt. Das von Erdogans AKP angeführte Parteienbündnis errang der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge bei der Parlamentswahl am Sonntag außerdem die absolute Mehrheit der Sitze in der Nationalversammlung.
Mit den Wahlen wurde die Einführung des von Erdogan angestrebten Präsidialsystems abgeschlossen. Erdogan wird damit künftig Staats- und Regierungschef und ist mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet. Das Amt des Ministerpräsidenten wird abgeschafft.
Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth forderte nach Erdogans Wahlsieg einen „grundlegenden Kurswechsel“ in der deutschen Türkei-Politik. „Erdogan darf nicht länger Partner unter vielen sein“, sagte die Grünen-Politikerin am Montag. „Erdogan ist Autokrat, und mit Autokraten dealt man nicht – auch nicht in der Flüchtlingspolitik.“
Roth forderte einen kompletten Stopp der Rüstungsexporte in die Türkei. Auch die Export-Bürgschaften für deutsche Unternehmen gehörten auf den Tisch. „Und es darf kein Gespräch mehr vergehen, in dem die Bundesregierung nicht in aller Deutlichkeit die Freilassung aller politischen Gefangenen einfordert.“
Roth konnte dem Wahlergebnis aber auch positive Aspekte abgewinnen. Dass der Präsidentschaftskandidat der linksliberalen CHP aus dem Stand mehr als 30 Prozent geholt habe, und die pro-kurdische HDP mit mehr als 10 Prozent wieder ins Parlament eingezogen sei, beweise die Ent- und auch die neue Geschlossenheit der pro-demokratischen Kräfte in der Türkei. „Diese Menschen müssen wir, muss auch die Bundesregierung endlich konsequent unterstützen“, forderte Roth.
Bei der türkischen Präsidentenwahl hat Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan in Deutschland fast zwei Drittel der Stimmen erhalten und damit deutlich mehr als zu Hause in der Türkei. Nach Auszählung von 100 Prozent der Stimmen kam er nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu in Deutschland auf 64,78 Prozent – bei einem Gesamtergebnis von 52,59 Prozent.

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