Nach der Maaßen-Entscheidung herrscht in der SPD offene Empörung über die Chefin. Die appelliert per Mail an ihre Genossen, die Bundesregierung nicht wegen einem „Beamten“ zu opfern und schiebt Horst Seehofer den Schwarzen Peter zu.
Die Frau, über die sich an diesem Tag nicht nur ihre Partei den Mund zerreißt, meldet sich selbst als Letzte zu Wort. Es ist 16 Uhr am Nachmittag, als ein Brief von Andrea Nahles an alle SPD-Mitglieder bekannt wird. Die Vorsitzende versucht eine Lawine aufzuhalten, die sie selbst losgetreten hat. Einen Sturm, ausgelöst durch einen Deal, der den umstrittenen Verfassungschefpräsidenten Hans-Georg Maaßen zum Staatssekretär im Bundesministerium des Innern befördert. Für viele Genossen unfassbar.
Sie halte das für falsch, schreibt sie. Sie verstehe die Kritik. Alles liege an Horst Seehofer, dem Bundesinnenminister und CSU-Chef. Aber da ist es längst zu spät.
Die Empörung, die gestern über die SPD-Chefin hereinbricht, spottet jeder Beschreibung. Die Parteijugend läuft Sturm, Juso-Chef Kevin Kühnert fordert offen den Koalitionsbruch. In der Bundestagsfraktion rumort es, mehrere Abgeordnete fordern die Entlassung Seehofers. Auch an der Parteispitze ist die Aufregung groß. Mehrere Vizes gehen öffentlich auf Distanz, Nahles-Stellvertreterin Natascha Kohnen ruft sogar zur Meuterei gegen ihre Chefin auf. Was für ein Tag.
Wenn Schilderungen stimmen, die in der Partei kursieren, ist Nahles von dieser Entwicklung eiskalt erwischt worden. Noch am Dienstagabend soll sie in einer Schalte der SPD-Spitze nach dem Dreiergipfel guter Dinge gewesen sein. Die Entfernung Maaßens von der Spitze des Bundesverfassungsschutzes sei ein Erfolg, sie und die SPD hätten geliefert. Einige Teilnehmer trauten ihren Ohren nicht, noch am Nachmittag hatten sie Gerüchte, wonach Maaßen als Staatssekretär in das Innenministerium wechseln könnte, als komplett absurd abgetan. Und nun hören sie von ihrer Parteichefin, dass aus Absurdität Politik werden soll. Es sei ein Alleingang von Nahles gewesen, darauf legt rückblickend mancher Spitzengenosse Wert.