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Crispr: Der letzte Tabubruch der Gentechnik?

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Lulu und Nana sollen die ersten Babys sein, deren Erbgut vor der Geburt gezielt verändert wurde. Das sagt ein chinesischer Forscher. Der Fall wäre ein ethisches Desaster.
Der letzte Tabubruch hatte sich angekündigt. Forscherinnen, Ethiker und Genetikerinnen versuchen die Welt seit Jahren darauf vorzubereiten, dass eines Tages Kinder zur Welt kommen werden, in deren Erbgut Menschen absichtlich und gezielt herumgeschrieben haben: Designerbabys, bei denen im Embryonalstadium Gene gezielt entfernt, geschädigt oder hinzugefügt wurden. Die Genschere Crispr/Cas9, kurz Crispr, macht es möglich ( siehe Infobox). Nun könnte es so weit sein: Ein chinesischer Forscher hat verkündet, im vergangenen Monat seien die ersten Crispr-Zwillinge zur Welt gekommen. Doch es gibt Zweifel und lautstarke Kritik.
He Jiankui heißt der Mann, der das Tabu nun gebrochen haben will. Der Privatdozent von der Southern University of Science and Technology erzählte der Nachrichtenagentur AP, er habe sieben Paaren für eine künstliche Befruchtung Spermien und Eizellen entnommen, um bei den Embryonen mit Crispr ein bestimmtes Gen zu entfernen. Die Genschere funktioniert im Erbgut einer
Zelle gleichsam wie die Suche-und-Ersetze-Funktion einer
Textverarbeitung – ist also äußerst zielgenau und einfach. Drei bis fünf Tage danach prüfte He laut eigenem
Bericht an Zellen der Embryos, ob das Gen wirklich
entfernt, der Eingriff also erfolgreich verlaufen war. Als er überzeugt gewesen sei, habe er elf
Crispr-Embryonen bei sechs verschiedenen Frauen eingesetzt, erzählt er. Die Folge: eine
Zwillingsschwangerschaft und schließlich die Geburt der Mädchen Lulu und Nana.
Die Welt von morgen schafft der Mensch sich selbst. Möglich macht das eine neue Gentechnik: Crispr/Cas9, kurz Crispr. Mit ihr wollen Forscher Tiere und Pflanzen gestalten. Und Menschen heilen, die Aids, Krebs oder genetische Erbkrankheiten haben. Der Mechanismus ist simpel, billig und hocheffizient. Das macht ihn so vielversprechend für Wissenschaft und Wirtschaft – und so umstritten.
Erst vor wenigen Jahren haben die Forscherinnen Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna die entscheidende Entdeckung gemacht. Sie beschrieben, wie sich ein Abwehrsystem, das Bakterien gegen Viren einsetzen, als Allzweckwerkzeug in der Genombearbeitung verwenden lässt. Binnen Monaten veränderte die Erkenntnis die Arbeit in Laboren weltweit.

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