Europas Verteidigung steht vor einer Trendwende bei den Ausgaben. Wegen der Corona-Krise dürften die europäischen NATO-Staaten ihre Rüstungsausgaben senken. Deutschland steckt dabei in einem Dilemma: Denn die Bundeswehr müsste mehr und nicht weniger investieren.
D ie Kosten der Corona-Pandemie dürften zu Abstrichen in Milliardenhöhe bei Europas Rüstungsausgaben führen, weil das Geld in den Haushalten knapper wird. Nach einem mehrjährigen Anstieg der Verteidigungsausgaben werden sich ab 2022/23 die Budgets verkleinern, erwartet die Beratungsgesellschaft AlixPartners nach einer WELT AM SONNTAG vorliegenden Studie. „Der konkrete Umfang ist schwer abschätzbar. Es könnte eine ähnliche Größenordnung wie nach der Finanzkrise sein“, sagt AlixPartners-Rüstungsexperte Stefan Ohl. So fielen zwischen 2009 und 2014 die Rüstungsausgaben der europäischen Nato-Staaten um 31 Milliarden Euro auf 244 Milliarden Euro. Seit der Krim-Krise sind sie wieder kontinuierlich gewachsen. Nunmehr könnten sie erneut auf Talfahrt gehen. Es wäre ein historischer Wendepunkt. Das schwedische Friedensforschungsinstitut Sipri hatte jüngst für 2020 von einem neuen Rekordniveau bei den weltweiten Rüstungsausgaben von fast zwei Billionen Dollar berichtet. Ein Schub um gut 60 Milliarden Dollar binnen eines Jahres. Weltweit stiegen bei der Mehrzahl der Staaten die Rüstungsausgaben. Das galt auch für Deutschland, obwohl die Wirtschaft wegen der Corona-Pandemie in der Rezession steckte. Der steigende Rüstungsanteil im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt dürfe daher nicht falsch interpretiert werden, heißt es bei AlixPartners.