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Der Westen hat Sanktionen bisher falsch eingesetzt

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Sie wurden nicht vorausschauend strategisch, sondern reaktiv eingesetzt. Daher sollte ein Energieembargo an eine Eskalation gekoppelt werden. Ein Gastbeitrag.
Sanktionen sind wirkungslos. Das galt lange als Konsens, oft mit Verweis auf Sanktionen gegen Länder wie Kuba oder Nordkorea. Inzwischen hat sich diese Einschätzung gewandelt: Studien klassifizieren rund ein Drittel aller verhängten Sanktionen als erfolgreich – etwa im damaligen Rhodesien, in Südafrika und im Iran. Viel wichtiger ist jedoch die Erkenntnis, dass Sanktionen vor allem im Drohungsstadium einen Effekt haben können. Mit Blick darauf sind dem Westen im Umgang mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin seit langer Zeit schwere Fehler unterlaufen. Russland marschierte 2008 in Georgien ein und erklärte die Provinzen Abchasien und Südossetien für unabhängig. Rund 850 Menschen verloren in diesem Krieg ihr Leben. Schon damals diskutierte die Europäische Union über Sanktionen. Schon damals waren einige Mitgliedstaaten nicht bereit, ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland zu gefährden – allen voran Deutschland. Nach der Annektion der Krim folgten nur schwache Sanktionen Sergej Lawrow, zu dieser Zeit bereits russischer Außenminister, sagte mit Blick auf die Sanktionsdrohung, die Diskussionen über die Verhängung von Sanktionen gegen Russland seien das Produkt einer „kranken Fantasie“ und „westlicher Verwirrung“. Lawrow weiter: „Abgesehen davon hat mein Freund Kouchner [damaliger französischer Außenminister] auch gesagt, dass wir bald Moldawien und die Ukraine und die Krim angreifen werden… Aber das ist eine kranke Fantasie, und wahrscheinlich gilt das auch für die Sanktionen.“ Diese „kranke Fantasie“ wurde im März 2014 Realität, als Russland die Krim annektierte und das russische Militär in der Ostukraine intervenierte. In diesem Fall gelang es der EU und den Vereinigten Staaten, gemeinsam Wirtschaftssanktionen gegen Russland zu verhängen, doch diese waren bei weitem nicht so stark, wie sie hätten sein können und sollen. Im Frühjahr 2021 begann der russische Truppenaufbau an der ukrainischen Grenze und im Dezember warnten die G7 Russland vor „massiven Konsequenzen“ bei einem Einmarsch in die Ukraine. Doch die darauffolgenden Sanktionsdrohungen waren erneut alles andere als glaubwürdig. Lange Zeit drohten die westlichen Partner mit einem Ausschluss russischer Banken aus dem globalen Finanzsystem Swift.

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