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Jetzt droht Russland das Geld für den Krieg auszugehen

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Im vergangenen Jahr strafte Russland alle Ökonomen Lügen, die dem Land aufgrund der westlichen Sanktionen einen wirtschaftlichen Absturz voraussagten. Die Zahlen für das erste Quartal 2023 aber deuten nun tatsächlich eine Trendwende an. Das liegt vor allem an einem Zug des Westens.
Um zu bestimmen, wie schlecht es ihnen gerade wirklich geht, flüchten sich die Russen immer wieder gern mal in Humor und Sarkasmus. In Erinnerung an Radio Eriwan, jenen fiktiven Sender aus der Kommunistenzeit, der simple Zuhörerfragen paradox oder absurd beantwortete, kursiert nun die Frage, wann es denn besser werde. „Besser war es schon“, so die Antwort.
Rein ökonomisch war es das wohlgemerkt gerade im ersten Kriegsjahr 2022 – und zwar so gut, dass sich fast alle mit ihren Prognosen geirrt haben. Sogar ein zweistelliger Wirtschaftseinbruch war im Frühjahr 2022 nach Kriegsbeginn vielfach prophezeit worden, und selbst der ohnehin etwas weniger dramatisierende Internationale Währungsfonds (IWF) hatte im April ein Minus von 8,5 Prozent vorausgesagt.
Am Ende schrumpfte die russische Wirtschaftsleistung 2022 trotz Krieg und Sanktionen nur um 2,1 Prozent. „Alle hatten bei ihren ursprünglichen Prognosen den Iran vor Augen und erwarteten, dass auch Russland durch die Sanktionen total isoliert würde“, erklärt Oleg Vjugin, heute Finanzberater und zuvor Vizechef der russischen Zentralbank sowie Aufsichtsratschef der Moskauer Börse, im Gespräch mit WELT: „Aber die halbe Welt führte ihre Geschäfte mit Russland weiter.“
Die Warenströme wurden – mit Einbußen gerade beim Import – auch einfach umgelenkt: Beim Export ist laut Wirtschaftsministerium der Anteil der aus russischer Sicht „unfreundlichen“, sprich westlichen Länder binnen eines Jahres von 58 auf 35 Prozent zurückgegangen, während der Anteil der anderen Staaten von 42 auf 65 Prozent hochgeschnellt ist.
Die russische Resilienz hatte noch andere Väter. Vor allem aber den hohen Ölpreis, der ungeahnte Mehreinnahmen brachte und laut Zentralbank den Handelsbilanzüberschuss 2022 um 60 Prozent auf 282,3 Milliarden Dollar hochtrieb sowie den Leistungsbilanzüberschuss auf 227,4 Milliarden Dollar fast verdoppelte.
Doch nun hat sich das Blatt gewendet. Die Zahlen für das erste Quartal 2023 zeugen vom Beginn einer neuen Ära in der Sanktionspolitik des Westens und in Russlands Bestreben, damit umzugehen. Unter dem Strich sind sie alles andere als rosig. Und einmal mehr fragt sich die Welt, ob Russland nun doch das Geld ausgeht und daher immer weniger Kapital zur Finanzierung des Krieges vorhanden ist.
Wie das Finanzministerium kürzlich mitteilte, wies Russlands Staatsbudget im ersten Quartal ein Defizit von 2,4 Billionen Rubel beziehungsweise 1,5 Prozent des BIP auf. Das ist bereits nahe an den 2,9 Billionen Rubel, die als Defizit für das Gesamtjahr 2023 veranschlagt sind, und nicht so weit von den 3,3 Billionen Rubel entfernt, die im Gesamtjahr 2022 dem Budget gefehlt hatten, was damals zu einem Defizit von 2,3 Prozent geführt hatte.

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