Nach monatelangem Hin und Her hat Elon Musk Twitter übernommen. Er hat sich selber zum Chef ernannt und sieht einen Totalumbau der Plattform vor. Was ändert sich? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Nach monatelangem Hin und Her hat Elon Musk Twitter übernommen. Er hat sich selber zum Chef ernannt und sieht einen Totalumbau der Plattform vor. Was ändert sich? Die wichtigsten Fragen und Antworten.Elon Musk hat Twitter für 44 Milliarden Dollar übernommen.
Excited to announce that I’ve hired a new CEO for X/Twitter. She will be starting in ~6 weeks!
My role will transition to being exec chair & CTO, overseeing product, software & sysops.Wie ist die Übernahme verlaufen?
Die Ära von Elon Musk bei Twitter hat Ende Oktober begonnen. Der Tech-Milliardär postete zum Auftakt der Übernahme ein Video von sich, wie er ins Twitter-Hauptquartier einzog, und schrieb in einem vielsagenden Tweet: «Der Vogel ist befreit.»
the bird is freed
Twitter informierte die amerikanische Wertpapieraufsicht am 28. Oktober über den Rückzug von der Börse und bestätigte damit den Vollzug der Übernahme. Damit endete ein monatelanges Hin und Her, das vorübergehend auf einen brisanten Gerichtsprozess zusteuerte. Musk nimmt das Online-Netzwerk nun in Privatbesitz.
Analytiker werten die Übernahme für 44 Milliarden Dollar als eine der am meisten überbezahlten Tech-Akquisitionen in der Geschichte. Ein realistischer Wert für die Plattform dürfte nach Auffassung mehrerer Experten bei etwa 25 Milliarden Dollar liegen. Das dürfte Musk ebenfalls so gesehen haben. Darum hat er die Übernahme zuvor wieder absagen wollen, ist aber offenbar aufgrund seiner früheren Zusagen nicht mehr rausgekommen.
Nur aus eigenen Mitteln konnte Musk die 44 Milliarden Dollar nicht aufbringen. Für die Übernahme bekam er Kredite von Banken und auch Gelder von saudischen, chinesischen und katarischen Investoren. Der amerikanische Präsident Joe Biden erklärte im November 2020, die Verbindungen von Elon Musk zu ausländischen Geldgebern seien «es wert, angeschaut zu werden.» Unter anderem gab es Berichte darüber, dass die Investoren privilegierten Zugriff auf Informationen wie Nutzerdaten hätten. Laut Informationen der «Washington Post» habe das amerikanische Finanzministerium erwägt, eine Untersuchung einzuleiten, sei inzwischen jedoch von diesen Plänen abgerückt.Was hat es mit den Kündigungswellen auf sich?
Elon Musk will Twitter laut eigenen Angaben von Grund auf umkrempeln. In einem ersten Schritt kündigte er etlichen Topmanagern. Unter ihnen befanden sich der bisherige Firmenchef Parag Agrawal, der Finanzchef Ned Segal sowie die für den Kampf gegen Hassreden und Falschinformationen zuständige Topmanagerin Vijaya Gadde.
Derzeit hält Musk die alleinige Macht im Unternehmen. Der Verwaltungsrat wurde aufgelöst. Alle neun Mitglieder des Direktoriums, das in Unternehmen ähnlich eines Aufsichtsrats dem operativen Chef übergeordnet ist, haben ihre Posten aufgegeben. Zum bisher einzigen neuen Direktor ernannte Musk sich selbst. Nach einer Befragung der Twitter-Nutzer kündigte Musk im Dezember 2022 an, als CEO zurückzutreten, sobald er einen Nachfolger gefunden habe, «der dumm genug ist, den Job zu übernehmen!»
Um Kosten zu sparen, leitete Musk zudem Anfang November eine Massenentlassung in die Wege. Rund der Hälfte der 7500 Mitarbeitenden kündigte er per E-Mail. Den verbliebenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stellte der Konzernchef zudem ein Ultimatum. Sie sollten sich zu Überstunden verpflichten oder das Unternehmen verlassen. Musk warnte die Angestellten, dass es «extrem Hardcore» sein werde, seine Vision «Twitter 2.0» umzusetzen. Das bewegte einen Teil der verbliebenen Mitarbeiter dazu, das Unternehmen freiwillig zu verlassen.
Nach einer weiteren Entlassungswelle Ende Februar verfügt Twitter laut einem Bericht der «New York Times» weniger als 2000 Mitarbeiter. Auch mehrere Gründer von kleineren Unternehmen, die Twitter über die Jahre aufgekauft hatte, sollen dabei ihre Stelle verloren haben. Diese haben aufgrund des Kaufvertrags unter Umständen eine höhere Abfindung zugute als andere Mitarbeiter. Dazu gehört etwa der Isländer Haraldur Thorleifsson, der sich daraufhin mit Elon Musk einen Schlagabtausch auf Twitter lieferte. Im April sagte Musk in einem Interview mit der BBC, dass Twitter noch 1500 Mitarbeiter habe.Welche Kultur strebt Musk bei Twitter an?
Inhaltlich will Musk Twitter neu ausrichten. Er selbst sagt, er wolle Twitter als «weltweite Plattform für die Meinungsfreiheit» etablieren und damit die «Demokratie stärken». In mehreren Tweets und Auftritten liess er bereits durchschimmern, dass er die Moderation der Inhalte bei Twitter schwächen und den Nutzerinnen und Nutzern mehr Spielraum bei der Formulierung von Meinungen geben will. In Musks Augen untergräbt Twitter heute die Meinungsfreiheit, weil kontroverse, provokante Standpunkte vermehrt gelöscht würden.
Musk versuchte aber kurz vor der Übernahme, Werbekunden und Nutzer zu beruhigen, die unter ihm eine Verrohung des Tons beim Online-Dienst befürchten. Twitter dürfe kein «Ort des Grauens» werden, wo ohne Konsequenzen alles gesagt werden könne, schrieb Musk in einem offenen Brief an Anzeigenkunden. Die Plattform müsse «warm und einladend für alle» sein, schrieb Musk nun.
Dear Twitter Advertisers pic.twitter.com/GMwHmInPAS
Er habe Twitter nicht gekauft, weil es einfach sein würde oder um mehr Geld zu machen, schrieb Musk.