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US-Wahl 2024: Das riskante Erfolgsrezept der Kamala Harris

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Kamala Harris liegt in vielen Umfragen etwa gleichauf mit Donald Trump, in ihrer eigenen Partei herrscht geschlossen Euphorie. Den Republikanern gelingt es kaum, die Demokratin wirksam anzugreifen. Harris wendet dafür eine alte Strategie von Obama an – die sich jedoch später zu rächen droht.
Kamala Harris liegt in vielen Umfragen etwa gleichauf mit Donald Trump, in ihrer eigenen Partei herrscht geschlossen Euphorie. Den Republikanern gelingt es kaum, die Demokratin wirksam anzugreifen. Harris wendet dafür eine alte Strategie von Obama an – die sich jedoch später zu rächen droht.
Es heißt, man soll nicht mitten im Rennen das Pferd wechseln. Nun, die amerikanische Politik beschert uns die Kamala-Harris-Ausnahme. Denn ihr politischer Aufstieg ist ungewöhnlich und verschafft ihr vorerst einzigartige Vorteile. Nach dem Parteitag in Chicago hat Harris eine so breite Koalition aufgebaut wie kein anderer demokratischer Kandidat in der Geschichte. Alle dort Anwesenden beanspruchten sie für sich, mit Ausnahme der Familie von Präsident Joe Biden und einiger seiner Mitarbeiter. Die Art und Weise ihres Aufstiegs – die Ablösung des achtzigjährigen Amtsinhabers, das Fehlen einer Vorwahl, die unerschütterliche Entschlossenheit, den ehemaligen Präsidenten Donald Trump zu schlagen, das Zusammenkommen der demokratischen Kräfte um ihre Kandidatur innerhalb von nur 48 Stunden – bedeutet, dass niemand behaupten kann, sie so weit gebracht zu haben. Während Politiker auf ihrem Weg nach oben gemeinhin politische Schulden bei bestimmten Wahlkreisen und VIPs machen, gilt das für Harris nicht in gleicher Weise.
Was bedeutet es, bei nur wenigen explizit in der Schuld zu stehen? Man kann einen Parteitag wie den in Chicago mit wenig Identitätspolitik oder Gaza-Leidenschaft gestalten, die die eigene Seite jahrelang gespalten haben. Man kann bei politischen Vorgaben zweideutig bleiben, wenn man will – niemand ist in der Lage, ihr einen Scheck oder eine Unterstützung zu verweigern, wenn sie im Gegenzug verspricht, dieses oder jenes zu übernehmen oder zu streichen. Man kann sich so positionieren, wie man möchte – daher die neue zentristische, kriminalitäts-, verteidigungs- und wirtschaftsorientierte Harris, die vor diesem Sommer keines dieser Attribute der Nation gegenüber stark vertreten hat.
Die Demokraten sind so erleichtert über eine Kandidatin, die eine Chance hat, dieses Rennen zu gewinnen, dass es niemandem etwas auszumachen scheint, dass sie schwer zu fassen ist. Nach ihrer Dankesrede auf dem Parteitag in Chicago traf ich einen Anhänger des „Dritten Weges“, der an eine Kombination liberaler Wirtschaftspolitik und sozialdemokratischer Ideen glaubt, und der nun von all den zentristischen Maßnahmen und dem Fehlen der üblichen linken Codes schwärmte.

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