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So erklärt Frauke Brosius-Gersdorf ihren Verzicht aufs Richteramt

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Über die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts wird wochenlang diskutiert, eine Abstimmung über drei Kandidaten im Bundestag gar abgesagt. Zu groß sind die Vorbehalte gegen Brosius-Gersdorf in der Unionsfraktion. Jetzt setzt sie dem Thema selbst ein Ende.
Über die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts wird wochenlang diskutiert. Im Bundestag sollte im Juli über drei Kandidaten abgestimmt werden. Der Termin wird kurzfristig abgesagt. Zu groß sind in der Unionsfraktion die Vorbehalte gegen die von der SPD nominierte Frauke Brosius-Gersdorf. Jetzt verzichtet sie freiwillig. Die Entscheidung begründet sie so:
1. Nach reiflicher Überlegung stehe ich für die Wahl als Richterin des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr zur Verfügung. Mir wurde aus der CDU/CSU-Fraktion – öffentlich und nicht-öffentlich – in den letzten Wochen und Tagen sehr deutlich signalisiert, dass meine Wahl ausgeschlossen ist. Teile der CDU/CSU-Fraktion lehnen meine Wahl kategorisch ab. Zudem droht ein Aufschnüren des “Gesamtpakets” für die Richterwahl, was die beiden anderen Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht gefährdet, die ich schützen möchte. Auch muss verhindert werden, dass sich der Koalitionsstreit wegen der Richterwahl zuspitzt und eine Entwicklung in Gang gesetzt wird, deren Auswirkungen auf die Demokratie nicht absehbar sind.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat bis zuletzt an mir festgehalten. Sie stand uneingeschränkt vor und hinter mir. Für sie ist es eine Prinzipienfrage, dem Druck unsachlicher und diffamierender Kampagnen nicht nachzugeben. Großen Zuspruch und Rückendeckung habe ich auch von der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie von der Bundestagsfraktion Die Linke erhalten.

2. Nach dem TV-Gespräch mit Markus Lanz hat sich die Berichterstattung in den Medien deutlich versachlicht und wurde sie ganz überwiegend inhaltlich geführt. Der CDU/CSU-Fraktion ist es dagegen nicht gelungen, sich mit meinen Themen und Thesen inhaltlich auseinanderzusetzen. Eine Einladung in eine Fraktionssitzung hat sie bis zuletzt nicht ausgesprochen. Stattdessen wurde mir vorgehalten, dass ich im Zusammenhang mit dem Schwangerschaftsabbruch folgenden Satz geschrieben habe: “Es gibt gute Gründe dafür, dass die Menschenwürdegarantie erst ab Geburt gilt.” Abgesehen davon, dass dieser Satz Ausdruck wissenschaftlicher Freiheit ist, die durch meine Nichtwahl sanktioniert wird, wurde die Begründung für diesen Satz nicht zur Kenntnis genommen.
Nochmals zum Dilemma: Da die Menschenwürdegarantie nach herrschender Meinung nicht abwägungsfähig ist, wären bei Geltung der Menschenwürdegarantie für den Embryo ab Nidation Konflikte mit den Grundrechten der Schwangeren nicht lösbar.

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