In der Waffenruhe zwischen der Hamas und Israel sehen einige die größte Chance für Frieden in der Region seit Jahrzehnten.
In der Waffenruhe zwischen der Hamas und Israel sehen einige die größte Chance für Frieden in der Region seit Jahrzehnten. Ob sich die Hoffnung verwirklicht, dürfte vor allem von einem Mann abhängen.
Gaza – Der Nahe Osten steht nach Jahrzehnten der Feindseligkeiten vor einer möglichen historischen Wende. Der zwischen Israel und der islamistischen Terrororganisation Hamas vereinbarte Austausch von Geiseln und Gefangenen samt einem Teilrückzug der israelischen Truppen bietet eine schmale, aber ernsthafte Chance auf ein neues Kapitel – in Gaza, aber auch in der gesamten Region. Es könnte die Phase eines längerfristigen Friedens bevorstehen. Doch in den kommenden Wochen und Monaten drohen viele Fallstricke.
Die Einigung der vergangenen Woche in Scharm el Scheich will US-Präsident Donald Trump heute mit weiteren Staats- und Regierungschefs am selben Ort in Ägypten besiegeln und hat “ewigen Frieden” beschworen. Der Gaza-Krieg begann vor zwei Jahren mit dem beispiellosen Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 und führte zu einem Konflikt mit Zehntausenden Toten, darunter viele Zivilisten. Die katastrophale Kette von Ereignissen könnte nun abreißen, denn die Machtverhältnisse im Nahen Osten haben sich seitdem dramatisch verändert.
Israel hat seine Feinde militärisch zumindest geschwächt: die Hisbollah im Libanon, die Hamas im Gazastreifen, die Huthi im Jemen und den Iran, der sie alle unterstützt. In Syrien schwächte Israel die Regierung von Machthaber Baschar al-Assad, der schließlich gestürzt wurde – womit Irans Landweg zum Mittelmeer gekappt wurde. Auch die Milizen im Irak haben ihre Angriffe auf US-Truppen in der Region weitgehend eingestellt.
Nach Monaten des Krieges gilt seit Freitag die Waffenruhe im Gazastreifen. Die Hamas hat nach Worten ihres ranghohen Vertreters Chalil al-Haja Zusagen der USA und anderer Vermittler erhalten, dass der Krieg nun tatsächlich vorbei ist. Wenn Soldaten der USA oder etwa arabischer Länder die Waffenruhe wirklich absichern, werden Verstöße beider Seiten unwahrscheinlicher.
Doch besonders strittige Fragen bleiben wie bei vorigen Feuerpausen trotzdem ungeklärt: Wird die Hamas ihre Waffen abgeben, und wenn ja, an wen und wie? Tut sie es nicht, wird Israel seine Soldaten keineswegs abziehen. Selbst wenn die Hamas die Waffen abgibt, wird sie als politische Kraft – und empfundene Bedrohung für Israel – nicht einfach verschwinden. Parallel hat sich der Konflikt im besetzten Westjordanland mit den Palästinensern deutlich verschärft.
Auch wenn die Kämpfe längerfristig enden, könnte in Gaza neues Chaos ausbrechen. Etwa durch Clans, die die Hamas schwächen wollen – erste Berichte über gezielte Tötungen und Racheakte gibt es bereits. Selbst ein Machtvakuum ist denkbar oder ein Bürgerkrieg. Wenn Warlords die Kontrolle in Gaza übernehmen, drohen Entwicklungen wie in Libyen oder Somalia.
Ob sich die Lage im Gazastreifen auch nachhaltig stabilisiert und weitere Verhandlungen zu Ergebnissen führen, wird vor allem davon abhängen, ob der für Sprunghaftigkeit bekannte Trump den Druck auf Israel und Hamas aufrechterhält. Als Vorsitzender einer angedachten Behörde für den Wiederaufbau Gazas müsste er sich der Zukunft des Gebiets über Jahre verpflichten.