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US-Wahlen: Joe Biden und Kamala Harris auf den Spuren von John F. Kennedy

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Joe Biden und Kamala Harris wollen Donald Trump und Mike Pence bei den US-Wahlen schlagen. Dafür bewerben sie eine USA der vielen Möglichkeiten.
Joe Biden und Kamala Harris wollen Donald Trump und Mike Pence bei den US-Wahlen schlagen. Dafür beschwören sie die USA der vielen Möglichkeiten. Washington – Alle Wege führen nach Hyannis Port und Hickory Hill. Nicht geografisch: Hickory Hill ist ein Haus in MacLean im Bundesstaat Virginia, und Hyannis Port ist ein Dorf an der Küste von Massachusetts, mit dem Auto sind sie fast acht Stunden voneinander entfernt; zwischen ihnen liegen New York und Philadelphia. MacLean findet man im Speckgürtel von Washington D.C., gerne bewohnt von Politiker-, Diplomaten-, Militär- und Geheimdienstfamilien. Hyannis Port ist eine Sommerfrische, vornehmlich der reichen „Selfmademen“-Clans der US-Ostküste. Und doch sind die gediegene Regierungsgemeinde und der geldadelige Rückzugsort ein und dieselbe Adresse, wenn es um die US-Demokraten geht. Wohlgemerkt, das sind keine mythischen Sehnsuchtsorte, keine Pilgerstätten, auch wenn sie das Zeug dazu haben. Sie stehen vielmehr für eine politische Praxis, deren Anwendung wie Ablehnung das Geschehen in den USA auch nach 55 Jahren noch prägt. Auf dem Anwesen 50 Marchant Avenue in Hyannis Port war im großen Haus das Hauptquartier John F. Kennedys, von dem aus er 1960 die USA eroberte, um sie zu der dynamischen jungen Führungsnation der freien Welt zu transformieren. In Hickory Hill,1147 Chain Bridge Road in MacLean, wohnten Ethel und Robert F. Kennedy und ihre elf Kinder, und von dort aus machte sich der jüngere Kennedy-Bruder 1968 daran, die USA vor dem Abgrund zu retten, auf den die von ihrem Sündenfall in Vietnam zutiefst verwirrte Nation blindwütig zustolperte. Wie allgemein bekannt, bereiteten Attentate dem einen wie dem anderen Kennedy ein viel zu frühes Ende,1963 und 1968. In jenen fünf Jahren dazwischen zerfielen die USA innerlich in orientierungslose Erneuerer und hysterische Traditionalisten. Der Traum der Kennedys jedenfalls schien 1968 so tot wie der von Martin Luther King Jr. Auf dem Titel des Magazins „Esquire“ vom Oktober jenes Schicksalsjahres wurden die drei ermordeten Hoffnungsträger in ein bis zum Horizont reichendes Gräberfeld retuschiert. Die Wahl eines Republikaners ins Weiße Haus schien alternativlos. Sechs Jahre später sollten die USA erfahren, dass da ein gewissenloser Krimineller ihr Land regiert hatte. Plötzlich waren es nicht mehr die Kugeln der Attentäter in Dallas und Los Angeles oder das Napalm über Vietnams Reisfeldern, die 1960er Jahre zerstört hatten, sondern die krankhafte Machtgier eines Mannes: Als Richard Nixon 1974 das Oval Office räumen musste, durfte der Traum der Demokraten weitergeträumt werden. Aber was für ein Traum war das überhaupt? Zuerst ganz einfach der von einer gerechteren Welt. Oder zumindest von den USA, die sich an ihren globalen Grundsätzen auch selbst messen lassen konnten. Als das Land aus dem Zweiten Weltkrieg als die Supermacht, die Bannerträgerin der freien Welt, die Wegbereiterin für die Zukunft herauskam, lag es tatsächlich genau so weit hinter seinen Ansprüchen zurück wie all die anderen Nationen, die sich doch ein Beispiel an den USA nehmen sollten. Der Rassenhass hatte sich vom rückständigen Süden aus im Alltag aller Bundesstaaten verbreitet. Vom Reichtum der potentesten Volkswirtschaft der Welt profitierten meist nur diejenigen, die schon immer daran bestens verdient hatten. Das Land- und das Industrieproletariat, beides sichtbar distinkte Klassen, wurden konsequent arm gehalten. Die Grenzen dessen, was fortan „middle classes“ genannt werden sollte, blieben ungenau und ein auskömmliches Leben dieser Aufsteiger aus dem Proletariat prekär. Dem maskulinen „American Dream“ wohnte schon immer eine gewisse menschenfeindliche Skrupellosigkeit inne. Die Frauen der USA wollten sich nicht mehr von einer mal sanften, mal rabiaten Männerherrschaft als zweitklassige Wesen abtun lassen.

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