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Die Aufholjagd des einstigen Anti-Establishment-Kandidaten

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Die Erfolgsserie der AfD im Osten Deutschlands setzt sich am Sonntag nicht fort. Der parteilose Amtsinhaber Kai Buchmann behauptet das Oberbürgermeisteramt in Nordhausen. AfD-Gegner feiern spontan. Doch wie geht es nun weiter? Ein Besuch vor Ort.
Um 20:18 Uhr explodiert im Nordhäuser Ratssaal der Jubel. Die Unterstützer von Kai Buchmann stürmen, einer mit Riesen-„FCK AFD“-Schild, auf ihren Kandidaten zu. Mit 10 Prozentpunkten obsiegt Buchmann über AfD-Herausforderer Jörg Prophet. 54,9 Prozent für Buchmann gegen 45,1 für Prophet, so lautete das Endergebnis.
Letzterer hatte schon fast 50 Minuten vorher seine Niederlage zugegeben, noch bevor es offiziell feststand, dass die AfD ihren Siegeszug im Osten an diesem Abend nicht fortsetzen würde. Kai Buchmann, parteilos, bleibt für weitere sechs Jahre Oberbürgermeister der 40.000-Einwohnerstadt in Nordthüringen.
Dabei war Prophet mit 42 Prozent im ersten Durchgang in die Wahl gestartet, Buchmann mit nur 27. Nachdem aber einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde, dass Prophet rechtsextreme, geschichtsrevisionistische Schriften veröffentlicht, die Opfer von NS-Terror und die Toten alliierter Bombenangriffe gleichgesetzt und die deutsche Erinnerungskultur als „Schuldkult“ bezeichnet hatte, ging offenbar ein Ruck durch Nordhausen. Am Samstag vor der Wahl kamen 800 Bürger zum spontanen Stadtfest vorm Rathaus zusammen, Institutionen wie Hochschule und die KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora, die in der Stadt liegt, hatten mobilisiert für die Wahl Buchmanns.
Der war vor sechs Jahren als Anti-Establishment-Kandidat angetreten, gewann damals mit zwei Dritteln der Stimmen gegen die CDU. Vor der aktuellen Wahl war Buchmann vier Monate suspendiert gewesen; seine Stellvertreterin hatte Mobbing-Vorwürfe gegen ihn erhoben. Ihr Parteifreund, der SPD-Landrat im Kreis, hatte Buchmann daraufhin seines Amtes enthoben. Ein Verwaltungsgericht stellte zwar Dienstvergehen fest, die aber nicht zur Amtsenthebung genügten, und kassierte die Suspendierung schließlich.
Und so war Buchmann wieder im Amt, seine Stellvertreterin zog nicht wie lange gedacht als Oberbürgermeisterin in den Wahlkampf. Wie vor sechs Jahren bestritt Buchmann seinen Wahlkampf allein, wenn man es überhaupt so nennen kann: Wahlkampftermine gab es nicht, seine wenigen Plakate gestaltete er selbst. Ihm habe neben dem Amt schlicht die Zeit gefehlt, sagt er.
Der Wahlabend, den auch Journalisten aus Frankreich und Israel begleitet hatten, endet nun so, wie alles begann: Buchmann allein.
Um Viertel nach sechs sitzt er da plötzlich, rechts neben der Leinwand im Ratssaal, auf der die Stimmergebnisse einlaufen, auf einem Stuhl, seinen Blick angespannt auf die Zahlen gerichtet. Keine Mitarbeiter, niemand aus seinem privaten Umfeld um ihn herum, nach wenigen Minuten dafür: neun Kameras Mikrofone vor dem Gesicht. Buchmann fragt: „Können Sie mich kurz aufklären, wie das jetzt abläuft? Ich habe das noch nie gemacht.“
Danach noch fast eine Stunde Anspannung, Buchmann atmet mehrmals tief durch. Später vor dem Gebäude, nach der Wahl, wird er sagen: „Ich fühle große Dankbarkeit.

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