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Bug und Judy und die unmögliche Wahl

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Der Bundesstaat Pennsylvania wird die US-Wahl mitentscheiden. Im Kernland Amerikas spaltet der Kulturkampf ganze Familien. Eine Frau und ihren Urenkel bringt er näher zusammen.
Altoona – Judy und Bug trennen 61 Jahre, drei Generationen und 15 US-Präsidentschaftswahlen. Judy prägte ihren Glauben nach dem Krieg. Bug ist 18 und Kirche “nicht sein Ding”. Sie sah ihn als “perfektes kleines Mädchen” aufwachsen. Dann eröffnete Bug seiner Urgroßmutter, dass er transsexuell ist. Trotz allem zog er in Judys kleines Haus in Altoona. Das Städtchen liegt im tiefsten Pennsylvania, einem der bei der anstehenden Präsidentenwahl besonders hart umkämpften Swing States. Am Küchentisch streiten beide darüber, ob Donald Trump Amerikas Zukunft ist.
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Es ist einer der letzten warmen Tage in Altoona, zwei Stunden östlich von Pittsburgh. Die Sonne scheint auf bescheidene Häuser einer ruhigen Wohnsiedlung mit akkurat gestutzten Rasenflächen. Ein kleines Vordach bietet Schatten, als Judy Wood – gestützt auf ihren Gehstock – im Türrahmen erscheint. Ein Wahlkämpfer der Demokraten hatte bei ihr geklopft, um sie von Kamala Harris zu überzeugen.
Judys Gesicht nimmt einen Ausdruck zwischen Zweifel und Verzweiflung an. “Das ist die verwirrendste Wahl, die ich je, je, je erlebt habe. Und ich bin 79 Jahre alt”, klagt sie. Den bombastischen Trump möge sie zwar nicht, doch auch Harris sei “einfach ein bisschen zu viel”. Dem Reporter, der die Szene beobachtet, bietet die ehemalige Krankenschwester an, später wiederzukommen. Dann sei auch ihr Urenkel aus der Schule wieder Zuhause.
Wohnzimmer und Küche des Bungalows sind vollgestopft mit Papieren, Döschen, Boxen und Krimskrams, zwischen dem sich Katzen den Nachmittag vertreiben. Bug steht an der Spüle und meidet zunächst den Blick. Dann setzt er sich neben Judy an den Holztisch, das runde Gesicht nachdenklich bis ernst, dunkler Kapuzenpulli, zwei Piercings in der Unterlippe.
Auf Judys T-Shirt dagegen stehen die Worte Glaube, Hoffnung und Liebe. “Ich bin katholisch”, betont sie so, als müsste damit eigentlich alles gesagt sein. Auch über ihre Haltung zu Harris. Diese sei schließlich eine Befürworterin der Abtreibung. Trump dagegen berief jene Richter des Supreme Courts, die das landesweite Recht auf Schwangerschaftsabbruch 2022 kippten.
Der Republikaner sei trotz seines Geldes weniger elitär, findet Judy. Er sei einer, der auf den Tisch hauen könne wie normale Leute auch. Eigentlich müsse so einer das Land regieren. “Ich habe Trump manchmal in Erwägung gezogen”, sagt sie.
Bug Novaks Stirn liegt in Falten, als er zuhört. Keine Frage, dass er bei seiner ersten Wahl für Harris stimmt, auch wenn diese nicht kritisch genug gegenüber Israel sei.

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