Niemand kann Donald Trump vorwerfen, sich in seinen ersten zehn Tagen als US-Präsident anders verhalten zu haben als angekündigt: Die ersten Entscheidungen, Stellungnahmen und Erlasse des neuen Mannes im Weißen Haus sind Signale eines rechtspopulistischen Hardliners – genauso chaotisch, spontan und widersprüchlich, wie es der Wahlkampf des 70-Jährigen war. Trump ignoriert Regeln, verbreitet Lügen und verspricht mehr, als er halten kann – und seine Anhänger sind begeistert. Wie macht Trump das?
Jeder US-Präsident benutzt sie hundertfach während seiner Amtszeit, und jeder Oppositionspolitiker in Washington wettert dagegen: In seiner ersten Woche als 45. Präsident der Vereinigten Staaten hat Donald Trump mehrere Präsidialdekrete unterzeichnet, um politische Schwerpunkte zu setzen. Die Dekrete ordneten unter anderem ein Einreiseverbot für Muslime an und leiteten den im Wahlkampf versprochenen Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko ein.
Ein Präsident kann mit den Erlassen am Parlament vorbei Fakten schaffen: Die Dekrete haben Gesetzeskraft und sind eines der wirksamsten Instrumente des Weißen Hauses in einem politischen System, in dem der Staatschef wegen seiner Machtfülle der „imperiale Präsident“ genannt wird.
In Washington gehört es zu den Ritualen der Politik, dass die jeweilige Oppositionspartei den Einsatz der Dekrete als undemokratisch brandmarkt, diese Ansicht aber in dem Moment plötzlich vergisst, in dem sie selbst den Präsidenten stellt.
In den vergangenen acht Jahren waren es die Republikaner, die Barack Obama vorwarfen, sich mit seinen insgesamt 275 Dekreten über die gewählten Volksvertreter im Senat und im Repräsentantenhaus hinweggesetzt zu haben. Für einen Präsidenten wie Obama, der es mit einem von der gegnerischen Partei beherrschten Parlament zu tun hat, ist der Einsatz der Dekrete verlockend, weil damit der Kongress umgangen werden kann.
Deshalb klagten die Republikaner jahrelang, Obama führe sich auf wie ein absolutistischer Herrscher. Dabei mussten sie nicht lange suchen, um einen Präsidenten aus ihren eigenen Reihen zu finden, der in seinen acht Jahren im Weißen Haus noch mehr Dekrete erließ: Obamas unmittelbarer Vorgänger George W. Bush kam auf 291.
Kritiker bemängeln, dass die Dekrete dem Präsidenten zumindest in einigen Bereichen unkontrollierte Macht geben. Doch der Einsatz der Erlasse durch den „imperialen Präsidenten“ hat Grenzen. So darf ein Dekret keine geltenden Gesetze aufheben, und der Präsident darf anderen Verfassungsorganen nicht per Dekret in die Parade fahren, etwa mit Anordnungen für die Arbeit des Parlaments. Auch das Haushaltsrecht des Kongresses schränkt den Präsidenten ein. Zudem kann der Kongress ein Dekret aufheben, indem er ein neues Gesetz zu dem jeweiligen Thema verabschiedet. Auch die Justiz hat die Macht, Präsidialerlasse aufzuheben. Und zu guter Letzt kann der nächste Präsident ein Dekret seines Vorgängers aufheben, indem er einfach ein neues erlässt.
Andere Präsidenten mögen auf würdevolle Zurückhaltung setzen – Donald Trump wirkt wie ein Springteufel, der mal im Fernsehen, mal bei Terminen und mal auf Twitter auftaucht.