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Der Instinktpolitiker

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Bayerns Ministerpräsident Seehofer tritt heute Nacht ab – um dann morgen sein Amt als Innenminister anzutreten. Leicht dürfte ihm der Abschied nicht gefallen sein, am Ende war er unvermeidbar – analysiert Sebastian Kraft.
Bayerns Ministerpräsident Seehofer tritt heute Nacht ab – um dann morgen sein Amt als Innenminister anzutreten. Leicht dürfte ihm der Abschied nicht gefallen sein, am Ende aber war er unvermeidbar.
Nach zehn Jahren tritt Horst Seehofer heute Nacht als Bayerischer Ministerpräsident zurück. Das Amt fiel ihm nach der desaströsen Wahlniederlage 2008 ungeplant zu. Fünf Jahre später hat er die CSU mit der absoluten Mehrheit wieder zu alter Stärke zurückgeführt. Er hat den Markenkern der CSU verändert – und seiner Partei viel zugemutet. Am Ende zu viel. Er geht nicht ganz und nicht verbittert, aber mit einem bitteren Beigeschmack.
Ein Satz, mit dem Seehofer seinen eigenen Regierungsstil im Wahlkampf 2013 beschreibt, auf dem Höhepunkt seiner Macht. Als “Drehofer” verspottete ihn die Opposition, weil er bei vielen Themen ständig seine Meinung wechselte. Seehofer selbst verwies dann gerne darauf, dass die Bayern in ihrer Geschichte mehrfach die Seiten gewechselt haben, um zu den Gewinner zu gehören.
Als solcher sah er sich immer gerne selber: Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima wollte er Bayern zum Vorreiter der Energiewende machen, obwohl in der CSU viele Anhänger der Atomkraft blieben. Als die Studiengebühren 2013 in Bayern auf Druck der Opposition unpopulär wurden, räumte sie Seehofer kurzerhand ab – den Landtagswahlkampf vor Augen. Auch hier wollten Teile der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag die Gebühren behalten, die Edmund Stoiber eingeführt hatte.
In Personalunion als Bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef gab er im Bund die Wehrpflicht preis, die der konservative Flügel in seiner Partei bis dato zum Markenkern zählte. Ähnliches beim Donauausbau, einem der zentralen Infrastrukturprojekte im Freistaat: Hier gab die CSU einem größeren Ausbau mit Staustufe und Stichkanal zwischen Straubing und Passau den Vorzug – bis Seehofer kam und gegen den Widerstand vieler Parteifreunde einen sanfteren Ausbau ohne Kanal durchsetzte. Unbestritten ist dagegen seine Leistung bei der historischen Annäherung an Tschechien. Nachdem aufgrund der Vertriebenen-Problematik Jahrzehnte zwischen Bayern und Böhmen auf höchster politischer Ebene nicht gesprochen wurde, forcierte Seehofer mit zahlreichen Besuchen eine schrittweise Annäherung an den Nachbarn.

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