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Was Europas Länder in der Asylpolitik wollen

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Im Asylstreit mit der CSU sucht Kanzlerin Merkel Partner in der Flüchtlingspolitik – auch Innenminister Seehofer will Bündnisse schmieden. Wer will was?
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will in den nächsten Tagen und spätestens bis zum EU-Gipfel Ende Juni eine europäischen Lösung in der Asylpolitik finden. Mit wem muss Angela Merkel verhandeln – und auf welche politischen Befindlichkeiten dürfte sie dabei treffen? Ein Überblick:
Italiens Flüchtlingspolitik wird derzeit geprägt von den verbalen Kraftmeiereien des neuen Innenministers Matteo Salvinis. Doch Premier Giuseppe Conte steht für eine gemäßigte Linie, die sich kaum von der seines Vorgängers Paolo Gentiloni unterscheidet. „Diese Herrschaften sollen wissen, dass sich Italien nicht mehr zum Komplizen der illegalen Einwanderung machen wird und dass sie sich andere, nicht-italienische Häfen werden suchen müssen“, erklärte Salvini am Samstag an die Adresse der Crews der privaten Rettungsschiffe „Seefuchs“ und „Lifeline“, die unter holländischer Flagge vor der libyschen Küste von den deutschen Nichtregierungsorganisationen Sea-Eye und Mission Lifeline genutzt werden. NGOs, die im Mittelmeer Flüchtlinge vor dem Ertrinken retten, bezeichnet Salvini pauschal als kriminelle „Vize-Schlepper“. Er ist ein begeisterter Anhänger der vom österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz angeregten „Achse der Willigen“ Berlin–Wien–Rom zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit seinem deutschen Amtskollegen Horst Seehofer zeigte er sich in einem Telefonat einig.
Die Schließung der Häfen wird auch von Regierungschef Giuseppe Conte mitgetragen, der an diesem Montagabend in Berlin von Bundeskanzlerin Angela Merkel empfangen wird. Der Premier fordert auch die Verstärkung der europäischen Grenzschutzagentur Frontex und die Einrichtung von EU-Asylzentren etwa in Libyen, in Niger und im Tschad, wo Immigranten Asylanträge stellen sollen, ohne auf die lebensgefährliche und von Schlepperbanden beherrschte Fahrt über das Mittelmeer zu gehen. Die wichtigste Forderung Italiens ist und bleibt aber die Reform des Dublin-Abkommens, laut dem für Asylgesuche das Land zuständig ist, in dem ein Flüchtling erstmals europäischen Boden betritt – für Menschen aus Nordafrika vor allem die Mittelmeer- Länder Griechenland, Spanien und Malta, die den Mechanismus abschaffen wollen.
Italien fordert seit Jahren eine automatische solidarische Verteilung der Migranten auf alle EU-Staaten – wogegen sich gerade Innenminister Salvinis rechtsnationale Freunde Kurz, Seehofer und der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban vehement wehren. Schon Salvinis sozialdemokratischer Vorgänger im Innenministerium, Marco Minniti, konnte durch Zusammenarbeit mit der libyschen Regierung eine Abnahme der Zahl der Bootsflüchtlinge um 80 Prozent erreichen. Auch eine Stärkung der Grenz- und Küstenwache Frontex, mehr Abschiebungen und Kooperation mit Herkunftsländern sind für Italien nicht neu. Für die Verteilung der Asylbewerber in Europa hat Italien in Merkel eine sehr viel offenere Ansprechpartnerin als in Seehofer. Der parteilose Rechtsprofessor Conte, der sich mit dem französischen Präsidenten Macron einig ist, dass „die Achse Berlin– Wien–Rom noch nie Glück gebracht hat“, hat noch nicht gewagt, sich offen gegen Salvini zu stellen. (Dominik Straub)
Griechenland ist Druck aus Berlin gewohnt. Obwohl das Land von der Anzahl an Schutzsuchenden überfordert ist, ist es jetzt wieder soweit: Angela Merkel will noch vor dem EU-Gipfel vom 28. und 29. Juni gemeinsame Lösungen in der Flüchtlingspolitik mit Griechenland, Italien und Österreich diskutieren. Ihr Ziel sind bi- oder multilaterale Abkommen zur Rückführung von Flüchtlingen nach dem Vorbild Frankreichs mit Italien. Der linke Premierminister Alexis Tsipras stellte sich in der „Welt am Sonntag“ an Merkels Seite und lobte ihre Flüchtlingspolitik: „Sie hat versucht, in dieser Flüchtlingskrise europäisch zu handeln.

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