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Merkel gibt sich überraschend kämpferisch

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Faust statt Raute: Bei der Generaldebatte spricht Angela Merkel ungewohnt bestimmt. Ist das die neue Freiheit der Kanzlerin?
Christian Lindner greift im Instrumentenkasten nach der Fanfare mit dem ganz, ganz hohen Ton. „Diese Debatte hier, heute markiert eine Zäsur!“ tremoliert der FDP-Vorsitzende und blickt bedeutungsschwer nach rechts. „Wir werden Zeuge des Endes von etwas!“ Das Etwas guckt aber nicht zurück. Angela Merkel hat soeben ihre, wenn wir richtig gezählt haben, 14. Rede zum Kanzlerinnenhaushalt gehalten und jetzt überhaupt keine Lust auf rückschauende Betrachtungen über ihr politisches Lebenswerk, schon gar nicht von einem, der ihr Ende kaum mehr abwarten kann.
Man kriegt an diesem Mittwochmorgen im Bundestag im Gegenteil den Eindruck, dass Merkel, seit sie den Parteivorsitz nicht mehr verteidigen muss, geradezu die Freiheit auskostet.
Die Debatte über den Kanzleretat ist traditionell der Tag der Generalabrechnung. Das Plenum ist voll bis in die hinteren Bänke. Ganz hinten sitzt Volker Kauder. Er verfolgt zum ersten Mal seit 2005 die Debatte nicht aus der ersten Reihe vom Fraktionsvorsitzendenplatz. Kauder verschränkt meistens die Arme und spart an Beifall. Im Wortsinn zurückgesetzt zu sein fällt ihm augenscheinlich schwer.
Auch die Regierung ist praktisch vollzählig. Ursula von der Leyen und Katharina Barley erzählen sich zwischendurch etwas, über das die Verteidigungs- und die Justizministerin unbändig kichern müssen. Olaf Scholz schnieft ins Taschentuch und wehrt Händedrücke zur Begrüßung ab: Vorsicht, ansteckend! Merkel hat mit diesem Vizekanzler – anders als mit Vorgänger Sigmar Gabriel – aber ohnehin wenig zu tuscheln und ist somit außer Gefahr.
Ohnehin muss sie erst einmal zuhören; das erste Wort gehört der größten Oppositionspartei, also der AfD, also diesmal Alice Weidel. Die Fraktionschefin hat im Moment bekanntlich ein Parteispenden-Problem. Es dauert denn auch nur ein paar Sätze über den Bundeshaushalt („Ausverkauf“), bis Weidel darauf zu sprechen kommt. „Ja, es ist richtig, dass bei uns Fehler passiert sind“, fängt ihre Beichte an – nur um gleich zur Absolution überzugehen: „Fehler macht schließlich jeder.“
Es folgt eine längere Aufzählung all dessen, was mit der Spende alles nicht passiert sei – also zum Beispiel persönliche Bereicherung – sowie eine noch längere Aufzählung aller Tatbestände, die irgend etwas mit Parteien und Geld zu tun haben, sowie einer Liste vergangener Parteispendenskandale bis zum „Bimbes-System von Helmut Kohl“.

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