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Droht ein neues atomares Aufrüsten?

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Der INF-Vertrag zwischen Russland und Amerika regelt einen Teil der nuklearen Abrüstung. Nun steigen die USA offenbar aus. Was bedeutet das für Europa?
Am Ende geht es sogar noch schneller als erwartet. Berichten zufolge wollen die USA schon am heutigen Freitag, also ein Tag vor Ablauf des 60-tägigen Ultimatums an Russland, ihren Ausstieg aus dem INF-Vertrag zum Verzicht auf landgestützte atomare Mittelstreckenwaffen erklären – ein Schritt, der in Europa befürchtet worden war.
Die große Sorge ist, dass mit dem Scheitern eines der weltweit wichtigsten Abrüstungsverträge eine neue Phase des atomaren Wettrüstens beginnt. Denn wenn sich die beiden atomaren Großmächte nicht mehr an Verträge gebunden sehen, warum sollte es der Rest der Welt, lautet die bange Frage.
Der INF-Vertrag (INF steht für Intermediate Range Nuclear Forces) wurde 1987 nach langen Verhandlungen zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion geschlossen. Er ist seit 1988 in Kraft und sieht den Verzicht auf landgestützte Raketen und Marschflugkörper mit kürzerer und mittlerer Reichweite (500 bis 5500 Kilometer) vor.
Durch den Vertrag, der nach Ansicht vieler das Ende des Kalten Krieges einleitete, wurden erstmals zwei Kategorien von Atomwaffen verboten, was seinerzeit als doppelte Null-Lösung bezeichnet wurde. Die Zerstörung dieser Waffen wurde gegenseitig kontrolliert.
Bedroht von den verbotenen Mittelstreckenwaffen war vor allem Europa. Hier hatte es in den 80er Jahren eine breite Protestbewegung gegen die atomaren Mittelstreckenraketen gegeben. Das Abkommen hatte dazu geführt, dass in West und Osteuropa alle existierenden atomaren Mittelstreckenraketen vernichtet wurden, ein einzigartiger Erfolg.
Washington ist sich sicher, dass Russland als Nachfolgemacht der Sowjetunion das Abkommen gebrochen hat. Als US-Präsident Donald Trump im Oktober 2018 bekannt gab, aussteigen zu wollen, sprach er davon, dass Russland den Vertrag „seit vielen Jahren“ verletze.
Konkret geht es um neue russische Marschflugkörper mit der Bezeichnung 9M729 (Nato-Code: SSC-8). Sie stellen nach Auffassung der USA und der Nato eine eindeutige Verletzung des Abkommens dar. Das Ultimatum, das Washington der Führung in Moskau gesetzt hatte, um die Zerstörung dieser neuen Marschflugkörper zuzusagen, läuft eigentlich erst am Samstag aus.
Doch am Donnerstag waren Gespräche zwischen Amerikanern und Russen in Peking ohne Ergebnis zu Ende gegangen.
Russland hatte aber in den vergangenen Wochen mehrfach erklärt, dass die US-Vorwürfe falsch seien und man nicht daran denken, die Marschflugkörper zu vernichten. Nach russischen Angaben haben die 9M729 nur eine Reichweite von maximal 480 Kilometern.
Die USA gehen von bis zu 2600 Kilometern aus. Damit könnten die Marschflugkörper nahezu alle Hauptstädte in Europa treffen. Auch Trumps Vorgänger Barack Obama hatte den Russen bereits vorgeworfen, mit den 9M729 den INF-Vertrag zu verletzen.

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