Home Deutschland Deutschland — in German Hartz IV: Ein neuer Sound soll her

Hartz IV: Ein neuer Sound soll her

237
0
SHARE

Die SPD-Spitze beschließt eine Abkehr vom Hartz-IV-System. Hilft das der angeschlagenen Partei und der Autorität von Parteichefin Andrea Nahles?
Die SPD-Spitze hat sich an diesem
verregneten Sonntag erfolgreich ihrem Trauma gestellt und das wohl größte
Regierungsprojekt hinterfragt, das sie selbst geschaffen hat. Hartz IV – die
Sozialreform des früheren SPD-Kanzlers Gerhard Schröder, die je nach Lesart die Bundesrepublik
zum Reformmotor Europas gemacht oder
Tausende Menschen in Rekordzeit entwürdigt und entmündigt hat.
Das 17-seitige Papier zum Thema “Arbeit – Solidarität – Menschlichkeit”, das die Parteiführung im Berliner Willy-Brandt-Haus beschloss, verkündet nicht die
Revolution. Es ruft weder ein
bedingungsloses Grundeinkommen für alle aus noch eine Grundsicherung von 1.000
Euro monatlich, wie sie die Linkspartei fordert. Die Regelsätze des neuen
Bürgergelds, wie Parteichefin Andrea Nahles die staatliche Hilfe für
Langzeitarbeitslose ab sofort nennt, sollen mit 424 Euro pro Monat gleich niedrig bleiben.
Und doch ist dieser Beschluss eine
Zäsur für die Partei, weil er die Lossagung von “dem Hartz-IV-System” ist, die Abkehr
von einem Negativsound. Gesine Schwan, ehemalige Kandidatin für das
Bundespräsidentinnenamt und Vorsitzende der Grundwertekommission
der SPD, hat diesen Ton in einem
taz-Interview zusammengefasst als “Idee, dass Menschen faule
Säcke sind, die man unter Druck setzen muss”. Die SPD-Politiker
Manuela Schwesig und Kevin Kühnert haben zudem dieser Tage daran erinnert, dass das Wort “hartzen” die deutsche Sprache geprägt hat – und zwar als Synonym
für “faulenzen”.
Das als Hartz IV bezeichnete Arbeitslosengeld II trat als “Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt” am 1. Januar 2005 in Kraft. Es ist eine Grundsicherung vor allem für Arbeitssuchende und wird von den kommunalen Jobcentern gezahlt.
Derzeit beziehen 4,2 Millionen erwerbsfähige Deutsche Arbeitslosengeld II. Gut 900.000 von ihnen sind Langzeitarbeitslose, die allermeisten aber sind Menschen, welche die Leistung aufstockend erhalten.

Continue reading...