In Brasilien hat ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zur Corona-Politik der Regierung schwere Vorwürfe gegen Präsident Jair Bolsonaro erhoben und eine Anklage empfohlen. Die Regierung habe fahrlässig gehandelt und die Bevölkerung absichtlich der konkreten Gefahr einer Masseninfektion ausgesetzt, um die Herdenimmunität zu erreichen, sagte Senator Renan Calheiros bei der Verlesung des Abschlussberichts am Mittwoch in Brasília.
Mit diesem Verhalten habe die Regierung, die sich nachweislich von einem parallelen Kabinett habe beraten lassen, den Tod von Brasilianern billigend in Kauf genommen. Der Untersuchungsausschuss habe “die Fingerabdrücke” des Präsidenten bei Tausenden von Covid-19-Toten nachgewiesen, sagte Calheiros, der Verfasser des Berichts, weiter. Darin werden Bolsonaro neun teilweise schwere Verbrechen während der Corona-Pandemie zu Last gelegt. Insgesamt sollen laut der Empfehlung außer Bolsonaro weitere 65 Personen, unter ihnen drei Söhne des Präsidenten, und Geschäftsleute sowie zwei Unternehmen zur Verantwortung gezogen werden. Völlig unklar bleibt vorerst, welche Folgen der Bericht haben wird. Die Vorwürfe gegen Bolsonaro reichen von Scharlatanerie über die Anstiftung zu Straftaten bis hin zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Zwei der schwersten Verbrechen, Völkermord an der indigenen Bevölkerung und Mord, hatte eine Gruppe von sieben unabhängigen oder gegen Bolsonaro eingestellten Senatoren Medienberichten aus der Liste der Vorwürfe entfernt. Der Untersuchungsausschuss besteht aus elf Mitgliedern, von denen sieben zur Opposition gehören oder als unabhängig gelten.