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Wahlen in Zürich: Alle News zu Stadtrat und Gemeinderat

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9 Sitze im Stadtrat und 125 Sitze im Zürcher Stadtparlament waren zu besetzen. Analysen und Reaktionen zum grossen Wahltag.
9 Sitze im Stadtrat und 125 Sitze im Zürcher Stadtparlament waren zu besetzen. Analysen und Reaktionen zum grossen Wahltag. Der Zürcher Stadtrat hat sich nur leicht verändert. Simone Brander (SP) ersetzt der zurückgetretenen AL-Stadtrat Richard Wolff. Das Wichtigste in Kürze Gemäss der Liste der gewählten Kandidatinnen und Kandidaten der Stadt sind am heutigen Wahlsonntag 50 Frauen in den Gemeinderat gewählt worden. Zum Vergleich: Vor vier Jahre waren es noch 9 Frauen weniger gewesen. Damals war lediglich ein Drittel der Gewählten weiblich, nun sind es immerhin 40 Prozent. Auch im Zürcher Stadtrat sitzen künftig wieder mehr Frauen. Mit der Wahl von Simone Brander (SP) sind es nun drei Stadträtinnen statt wie bisher zwei. Ein Höchststand ist das aber nicht: 1998 und 2002 waren jeweils vier von neuen Sitzen in der Exekutive von Frauen besetzt. An der SP Wahlfeier im Café Boy wird heftig diskutiert. Man kann Gesprächen lauschen über Tempo 30, Velos und die Fussgänger – und wer auf den Strassen die «Schwächsten» seien. Auf dem Trottoir vor dem Café stehen die Menschen dicht beieinander. Liv Mahrer, Co-Präsidentin der Stadtzürcher SP, sagt, man habe das Ergebnis kommen sehen. Die Stimmung sei ambivalent. Man freue sich über den vierten Stadtratssitz, es sei aber bitter, dass man im Parlament wieder verloren habe, was man vor vier Jahren gewonnen hatte. «Jetzt sind wir wieder auf Punkt Null.» Es hätte jedoch schlimmer kommen können, sagt Mahrer. «Die linke Mehrheit haben wir noch.» Man müsse nun das eigene Profil wieder schärfen und mehr arbeiten. Als die Ankunft der Stadträte angekündigt wird, versucht eine junge Frau, Stimmung zu machen: «Etwas Euphorie!» ruft sie. Kurz vor halb 9 erscheinen die Stadträte dann. Vorneweg: Simone Brander, sie wird flankiert von Stadtpräsidentin Corine Mauch. Die Leute jubeln und klatschen und bahnen ihnen einen Weg ins Café. Es folgen Gratulationen von den Nationalräten Fabian Molina und Priska Seiler Graf, Fotos und Reden. Zuletzt konzentriert sich die SP an der Feier aufs Positive: Die vier Stadtratssitze und nicht die Verluste im Gemeinderat. Freud und Leid liegen nahe beieinander. Die Wahlverluste von SP und SVP und die Zugewinne von Grünen und GLP bringen einige personelle Veränderungen mit sich – mehrere langjährige und prominente Ratsmitglieder müssen ihre Abwahl verkraften. Nicht wiedergewählt worden ist etwa Margrit Zopfi (SVP), die als Whistleblowerin einst Unregelmässigkeiten im Zürcher Sozialdepartement unter Monika Stocker aufgedeckt hatte und erst vor wenigen Monaten in den Gemeinderat einzog. Nicht geschafft hat es auch Nicolas Cavalli, der Co-Präsident der GLP. Ebenfalls nicht mehr im Parlament vertreten sein wird Joe Manser, das amtsälteste Gemeinderatsmitglied. Seit 1989 politisierte Manser für seine Partei, die SP. Getroffen hat es auch Cathrine Pauli und Marcel Müller (beide FDP), Willi Wottreng (AL), Urs Helfenstein (SP) sowie Ernst Danner, der die meisten Voten der EVP hielt. Dafür finden sich auch unter den neue gewählten Gemeinderäten einige bekannte Namen. Zu den frisch gewählten zählt Sanija Ameti. Die grünliberale Politikerin ist seit dem letzten Jahr Co-Chefin der Operation Libero. Profitieren von ihrer Stadtratskandidatur konnten Serap Kahriman (GLP) und Dominik Waser (Grüne). Sie schafften es ebenso neu in den Rat wie der freisinnige Jehuda Spielmann. Mit ihm ist nach Jahren wieder ein orthodoxer Jude im Parlament vertreten. Der Präsident der Stadtzürcher FDP, Severin Pflüger, gibt sich nach der Wahl abgeklärt: «Ich habe immer gewusst, dass Michael Baumer die Wiederwahl schaffen wird», sagt er. Auch darüber, in welchen Stadtkreisen es schwieriger und in welchen es einfacher werden würde, sei man sich schon im Vorfeld bewusst gewesen. FDP-Präsident Severin Pflüger (rechts): «Unsere Kandidaten haben das Rennen gemacht. Das ist alles, was im Moment zählt.» Dass das Resultat aber so knapp ausgefallen ist, erklärt sich Pflüger mit der grossen Anzahl Kandidaten, welche die linken Parteien aufgestellt hätten. Zum Glück für die FDP habe das linke Wahlbündnis aber nicht gehalten. «Die Zürcher wollen eine linke Stadt, aber keine, die nur von Linken regiert wird», sagt Pflüger. Dass Michael Baumer auf dem letzten und Filippo Leutenegger auf dem zweitletzten Platz der Gewählten landeten, ist für Pflüger im Moment nicht wichtig. «Unsere beiden Kandidaten haben das Rennen gemacht. Das ist alles, was im Moment zählt.» Weniger erfreulich sieht es für die SVP aus. Ihre Kandidaten waren im Rennen um den Stadtrat chancenlos. Zudem hat die Partei auch drei Sitze im Gemeinderat verloren. Nationalrat Mauro Tuena, Präsident der Stadtzürcher SVP, zeigt sich ernüchtert über das Abschneiden seiner Partei. Zürich werde immer linker, sagt er. Die SVP müsse nun weiterhin eine pointierte Oppositionspolitik betreiben. Zwar gehe es der Stadt trotz der Pandemie gut, aber das werde sich ändern. Auch die SP muss im Parlament Federn lassen, dafür hat sie aber mit Simone Brander einen vierten Sitz im Stadtrat erobert. Die frisch gewählte Brander sagt, sie freue sich «mega» – nachdem sie in der Umfrage der Tamedia-Zeitungen nur auf Platz 8 figurierte, sei das sechstbeste Resultat eine positive Überraschung. Aber spürt sie auch den Druck, als grosse Kritikerin der bisherigen Velo-Politik schnell Resultate liefern zu müssen? «Natürlich, der Druck ist sicher da, aber das ist bei allen Themen der Fall. Wir wollen vorwärts machen.» Die links-grünen Parteien verlieren im Zürcher Gemeinderat an Zuspruch. Die SP verliert sechs Sitze, die AL zwei. Zulegen können im linken Lager nur die Grünen (+2). Trotzdem bleibt es im Stadtparlament bei einer rot-grünen Mehrheit. SP, Grüne und AL kommen gemeinsam auf 63 von 125 Sitzen. Zu den Verlierern zählt auch die SVP, die in der neue Legislaturperiode drei Sitze weniger innehaben wird. Zurück im Parlament ist die Mitte, welche die 5-Prozent-Hürde anders als 2018 locker überspringen konnte. Sie kommt neu auf sechs Sitze. Ebenfalls in den Rat geschafft hat es die EVP. Sie verliert allerdings einen Sitz und ist neu nur noch mit drei Vertretern im Rat. Zu den Siegern kann sich die GLP zählen. Sie kann um drei Sitze zulegen und ist neu viertstärkste Fraktion im Gemeinderat, noch vor der SVP. Nicht im Parlament vertreten sein werden die Massnahmenkritiker der Freien Liste. Die Partei übersprang in keinem Wahlkreis die 5-Prozent-Hürde. Den höchsten Stimmenanteil erhielt die neu formierte Kraft im Kreis 7+8. FDP-Stadtrat Michael Baumer wirkt erleichtert, als er die Zahlen aus dem Wahlkreis 6 sieht. Walter Angst (AL) sei ein formidabler Herausforderer gewesen, daher sei es nicht verwunderlich, dass es so knapp geworden ist. Gleichwohl bestätige sich einmal mehr die alte Regel, dass Stadträte «mit gutem Leistungsausweis» für ihre Arbeit mit der Wiederwahl belohnt würden. Grosse Erleichterung bei Michael Baumer. Der FDP-Stadtrat hat am Schluss doch noch die Wiederwahl geschafft. Es sei «ein Wechselbad der Gefühle» für ihn gewesen, sagt Baumer, aber das habe auch mit der Reihenfolge der Auszählung zu tun gehabt. Mit den 1200 Stimmen Vorsprung, die er auf den AL-Kandidaten Walter Angst hat, könne er alles in allem sehr zufrieden sein, so Baumer. Walter Angst lässt sich die Enttäuschung derweil nicht anmerken. «40 000 Stimmen – das ist doch ein formidables Resultat.» Die AL habe alleine auf weiter Flur gekämpft. Wirklich keine Spur von Enttäuschung? Angst räumt ein: «Es ist ein Seich, weniger für mich persönlich als für die Linke und die AL.» Man habe die Chance auf ein «konstruktives Regierungsprogramm» verpasst. Er werde weiterhin viel zu tun haben im Mieterverband, bei dem Angst angestellt ist: Die Situation mit den hohen Mieten sei enorm besorgniserregend. In diesem Bereich werde er sich nun einsetzen. Michael Baumer (FDP) hat es doch noch geschafft: Er setzt sich nach einem Wahlkrimi durch und bleibt rund 1200 Stimmen vor Walter Angst von der AL. Auf Baumer entfallen 42 007 Stimmen. Damit bleibt er Stadtrat, Angst scheitert in seinem dritten Anlauf denkbar knapp. Lange war das Resultat unklar gewesen – je nach Wahlkreis lag erst Angst, dann wieder Baumer in Führung. Vor der Auszählung des letzten Wahlkreises 6 lag Baumer mit 1232 Stimmen in Front, dieser Vorsprung reichte ihm, um sich ins Ziel zu retten. Komfortabel gewählt wurde SP-Kandidatin und Velo-Lobbyistin Simone Brander. Sie machte das sechstbeste Resultat mit 46 732 Stimmen – vor Andreas Hauri (GLP,44 166 Stimmen) und Filippo Leutenegger (FDP,43 252 Stimmen). Er hat es nicht geschafft: Der Grüne Dominik Waser. Etwas enttäuscht sei er schon, sagt er. Doch es sei ein Achtungserfolg. Immerhin 31 000 Zürcherinnen und Zürcher hätten ihn nach Auszählung von 8 der 9 Wahlkreise als Stadtrat gewollt, seinem jungen Alter und der fehlenden Erfahrung in der institutionellen Politik zum Trotz. Für Dominik Waser hat es knapp nicht gereicht mit dem Sprung in den Stadtrat. Die Grünen legen im Gemeinderat zu. «Das ist ein Auftrag an die Zürcher Politik: Junge müssen mehr in verantwortungsvolle Positionen gelassen werden, Klimaschutz muss wichtiger werden.» Selbst will Waser nach seiner gescheiterten Kandidatur etwas kürzertreten. «Doch Politik wird mich noch mein ganzes Leben begleiten.» Das Rennen zwischen Walter Angst (AL) und Michael Baumer (FDP) könnte spannender nicht sein. Es geht hin und her. Zurzeit liegt Baumer knapp vorne und es fehlt nur noch ein Kreis. Walter Angst (AL) ist ein gefragter Interviewpartner. Dem Stadtzürcher FDP-Parteipräsidenten Severin Pflüger ist im Wahlzentrum im Stadthaus die Anspannung kaum anzumerken. «Mit den Resultaten im Gemeinderat bin ich zufrieden. Wir konnten leicht zulegen», sagt er und zeigt auf den Monitor mit den entsprechenden Resultaten. Auf den daneben blickt er weniger gern. Darauf ist das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Angst und Baumer zu sehen. Er gibt sich Mühe, optimistisch zu klingen. Doch es sei tatsächlich eine echte Zitterpartie. Baumer ist mittlerweile im Stadthaus eingetroffen und wird von einem Kameramann von Tele Züri abgefangen, der ihn um ein erstes Statement bittet. Baumer sagt, er sei gespannt, was dieser Tag noch bringen werde. Dann stürzen sich alle anwesenden Journalistinnen und Journalisten auf ihn. Es habe heute «gemischten Gefühlen» erlebt, sagt er weiter. Noch ist das Rennen offen.

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