Der Machtkampf um Vorsitz im US-Representantenhaus geht weiter
Nach fünf weiteren ergebnislosen Wahlgängen hat das US-Repräsentantenhaus in Washington die Abstimmung über den Vorsitz der Parlamentskammer erneut vertagt. Einen entsprechenden Antrag nahm die Kammer am Donnerstagabend (Ortszeit) mit knapper Mehrheit an. Die Demokraten stemmten sich gegen die erneute Unterbrechung des Wahlprozederes. Die nächste Sitzung soll nun am Freitag (12.00 Uhr Ortszeit/18.00 Uhr MEZ) beginnen. Dann werden weitere Wahlgänge erwartet.
Das Wahldrama im US-Kongress zieht sich bereits seit Dienstag hin. Hintergrund ist ein parteiinterner Machtkampf bei den Republikanern. Deren Kandidat für den Vorsitz des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, ist in den vergangenen Tagen bereits in elf Wahlgängen durchgefallen, weil ihm diverse Parteikollegen die Unterstützung verweigerten und er dadurch nicht die nötige Zahl an Stimmen erreichte.
Die Republikaner haben in der Kammer nur eine ganz knappe Mehrheit. Daher bräuchte McCarthy fast alle Stimmen seiner Parteikollegen, um auf den mächtigen Posten gewählt zu werden. Doch mehrere Republikaner vom rechten Rand der Fraktion haben eine Rebellion gegen den 57-Jährigen angezettelt und den Kongress so ins Chaos gestürzt. Denn bis der Vorsitz geklärt ist, geht im Repräsentantenhaus gar nichts: Nicht mal die neuen Abgeordneten, die bei der Kongresswahl im vergangenen November ins Parlament gewählt wurden, können vereidigt werden.
McCarthy machte am Donnerstag zwar Annäherungsversuche, doch verweigerten mehrere stark rechtslastige Republikaner dem 57-Jährigen erneut in mehreren Abstimmungsrunden die Unterstützung. Seine parteiinternen Gegner halten McCarthy für zu gemäßigt und ziehen seine Loyalität zu Ex-Präsident Donald Trump in Zweifel.
Der 57-Jährige soll sogar eingewilligt haben, die Hürden für die Abberufung eines Vorsitzenden im Repräsentantenhaus noch weiter zu senken. Damit bietet er seinen Gegnern ein Druckmittel, ihn nach Belieben wieder aus dem Amt zu jagen. Dies könnte schwerwiegende Folgen haben und zu noch mehr Instabilität führen, wenn im Kongress wichtige Entscheidungen anstehen. Die Rechtsaußen-Abgeordneten könnten die Kammer in Geiselhaft nehmen. McCarthy war den Abtrünnigen in diesem Punkt bereits zuvor weit entgegengekommen – allerdings ohne Erfolg.
Er zeige nun ein neues Niveau an “Verzweiflung”, urteilte der Sender CNN.