Home Deutschland Deutschland — in German Warum die Lage am Ende beinahe eskalierte

Warum die Lage am Ende beinahe eskalierte

212
0
SHARE

Die „Revolutionäre 1. Mai Demonstration“ in Berlin verlief weitgehend störungsfrei. Die Polizei sprach von dem vielleicht friedlichsten Maifeiertag seit dem ersten Ausbruch der Krawalle im Jahr 1987. Doch am späteren Abend gab es doch noch Scharmützel.
Die „Revolutionäre 1. Mai Demonstration“ war seit gerade mal eineinhalb Stunden beendet, da fanden einige Polizisten unweit des Kottbusser Tors bereits die Muße, über die Qualität der diesjährigen Essensration zu sinnieren. Der Käsekuchen sei wie immer gut gewesen, sagte einer der Beamten, fast schon wie „Goldstaub“.
Und die Demo? Ach ja, die Demo! Am Hermannplatz hätten einige Unverbesserliche einen Farbbeutel auf die Filiale einer Bank geworfen. Hier und da habe es etwas „Geschiebe“ gegeben. Aber insgesamt sei es ruhig gewesen – so ruhig wie lange nicht mehr. Ein Sprecher der Polizei sagte: „Bisher können wir feststellen, dass wir einen weitgehend friedlichen 1. Mai ohne besondere Vorkommnisse erlebt haben.“
Keine halbe Stunde später wurde es doch noch rumpelig, wenn auch eher kurz. Auf der Oranienstraße, jener legendären Alternativmeile im nicht minder legendären früheren Postzustellbezirk Kreuzberg SO36, warfen linke Möchtegernrevolutionäre – vielleicht waren es aber auch eher unpolitische, erlebnishungrige Anwohner oder Krawalltouristen – vereinzelt Flaschen in Richtung der behelmten Polizisten.
Nach etwa einer Stunde hatte die Polizei die Lage zwar wieder unter Kontrolle. Bis dahin fühlten sich langjährige Beobachter des Berliner Krawallgeschehens am „Tag der Arbeit“ aber an die Zeiten erinnert, in denen die Straßen von SO36 über Stunden hinweg vom Schein brennender Mülltonnen und Autos erleuchtet waren, in denen die massenhaften Stein- und Flaschenwürfe auf die Staatsdiener noch bedrohlicher wirkten, als sie es ohnehin waren.
Mit den damaligen Gewaltexzessen war das Geschehen am diesjährigen Maifeiertag nicht im Ansatz vergleichbar. Die Scharmützel zu später Stunde auf der Oranienstraße dürften aber dennoch zu Diskussionen führen – und zwar aus einer Vielzahl von Gründen.
Zum einen nämlich zeigten die Angriffe und Sprechchöre der umherstehenden Schaulustigen („Ganz Berlin hasst die Polizei“), dass die Zahl derjenigen, die die Entmenschlichung der Hüter von Recht und Ordnung auch mit Gewalt vorantreiben wollen, offenkundig immer noch hoch ist.
Zum Zweiten wurde erneut deutlich, dass das „Myfest“ – jenes im Jahr 2003 erstmals etablierte Straßenfest, dass mit der Corona-Pandemie sein Aus gefunden hatte – eine befriedende Wirkung entfaltet hatte, die in diesem Jahr schmerzlich vermisst wurde.
Und zum Dritten dürfte der Mini-Krawall auf der Oranienstraße die Frage aufwerfen, ob die Polizei sich mindestens an dieser Stelle hinsichtlich ihrer Taktik nicht vergaloppiert haben könnte. Denn von dem über Jahre hinweg erprobten Konzept, nur dann beherzt einzugreifen, wenn es die Lage wirklich erfordert und sich ansonsten möglichst zurückzuhalten, um Krawallmachern keinen Vorwand für Ausschreitungen zu liefern, war auf der Oranienstraße streckenweise nicht viel zu sehen.

Continue reading...