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Trotz massivem Polizeiaufgebot und Repressionen im Vorfeld sind Tausende Menschen in Moskau zur Beerdigung von Kremlgegner Alexej Nawalny gekommen. “Nawalny, Nawalny”, rufen sie, als der Sarg mit Russlands populärstem und vor zwei Wochen im Straflager verstorbenen Oppositionspolitiker in die Kirche zu Ehren der Gottesmutterikone “Lindere meine Trauer” im südöstlichen Bezirk Marjino getragen wird.
Immer wieder wird laut geklatscht, viele weinen dabei. Später schlagen die Trauerbekundungen zwischenzeitlich sogar in offene Anti-Kreml-Proteste und Anti-Kriegs-Proteste um – der ersten derartigen Kundgebung seit langer Zeit in diesem Ausmaß.
Begleitet von den Sorgen einer Festnahme
Schon im Vorfeld ist die Stimmung angespannt. “Ich hatte Angst, zu kommen, aber Nawalny war ein Symbol für Furchtlosigkeit”, sagt der 20-jährige Artjom. Nun wolle er sein Andenken ehren. Der Student steht mit roten Blumen in der Menge. Wegen seines auffälligen Zylinders wird er immer wieder von den Medien gefilmt und befragt.
Rentnerin Alla hat weiße Nelken dabei. Auch sie hat Sorgen. Sie befürchtet, dass nach Provokationen Verhaftungen losgehen. “Ich habe immerhin schon zwei Ordnungsstrafen erhalten, bei der dritten buchten sie mich ein”. Tatsächlich kreisen die Gefängnistransporter immer wieder um die Menge, die stundenlang geduldig ausharrt. Viele sind gut zwei Stunden vor der geplanten Trauerfeier zur Kirche gekommen. Die später Hinzugekommenen ziehen an der Schlange vorbei, die sich über mehrere Straßenzüge erstreckt.
Mehr als 100 Menschen sind nach Angaben von Bürgerrechtlern bei den Trauerveranstaltungen festgenommen worden. Die Bürgerrechtsplattform OWD-Info schrieb von 128 Festnahmen in 19 Städten. “In jedem Polizeirevier können mehr Festgenommene sein als in den veröffentlichten Listen”, heißt es zudem. In den meisten Fällen wurden die Betroffenen nach kurzer Zeit wieder auf freien Fuß gesetzt.
Die meisten Festnahmen gab es demnach in der sibirischen Millionenstadt Nowosibirsk. Dort seien mindestens 31 Personen in Gewahrsam genommen worden, berichtet OWD-Info. In der Ural-Metropole Jekaterinburg hat die Polizei weitere 19 Menschen festgenommen. In Moskau sollen es 17 Personen sein, davon müssten drei die Nacht auf dem Revier verbringen, heißt es.
Neben Nawalny ist auch der Krieg gegen die Ukraine immer wieder Gesprächsthema unter den Trauernden. Viele haben Familie dort, andere Freunde.