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Höcke trumpft auf – und wird verurteilt

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Siegessicher wirken Björn Höcke und seine Anwälte am Ende des vierten Prozesstages. Den Prozess stellen sie als Kampf um die Meinungsfreiheit dar. Dann folgt das Urteil. Wird es rechtskräftig, ist der AfD-Politiker vorbestraft.
Siegessicher wirken Björn Höcke und seine Anwälte am Ende des vierten Prozesstages. Den Prozess stellen sie als Kampf um die Meinungsfreiheit dar. Dann folgt das Urteil. Wird es rechtskräftig, ist der AfD-Politiker vorbestraft.
Für Björn Höcke ist es eine Niederlage auf ganzer Linie – zumindest vorläufig. Nur gut anderthalb Stunden vor der Urteilsverkündigung vor dem Landgericht Halle war er noch so siegesgewiss. Sein Schlusswort hatte er als Anklage gegen den Staatsanwalt genutzt, dessen Plädoyer hatte er als “keine Glanzleistung” abgekanzelt.
Dabei schwankte der Thüringer AfD-Chef zwischen dem gespielten Mitleid eines Lehrers, der es mit einem Schulversager zu tun hat, dem scharfen Ton des Politprofis und der Theatralik einer verfolgten Unschuld.
Es habe ihn “sehr enttäuscht”, dass die Staatsanwälte keine weltanschauliche Neutralität gezeigt hätten, sagt Höcke, der am dritten Prozesstag noch so zaghaft aufgetreten war. “Sind Sie nicht in der Lage, Sachinformationen aufzunehmen?”, fragt er den Staatsanwalt. “Wie kommt es dazu, dass Sie immer noch dem Zerrbild der etablierten Medien aufgesessen sind?” Man habe “doch vier gemeinsame Tage verbracht”, man habe “eine Überschneidung in der Realitätswahrnehmung erlebt”. Und man möge ihm “die Emotionalität nachsehen”, es gehe ihn “tief an”, als etwas dargestellt zu werden, das er nicht sei.
Niemals hätte er sich früher vorstellen können, “wie stark die Meinungsfreiheit in diesem Land schon eingeschränkt ist”, klagt Höcke. “Bin ich weniger wert als andere Menschen, habe ich keine Menschenwürde, bin ich kein Mensch?” Denn so, als sei er kein Mensch, werde er von den Medien behandelt. “Ja”, deklamiert Höcke, “ich habe wirklich das Gefühl, ein politisch Verfolgter zu sein.”
Nach 18 Minuten unterbricht ihn Jan Stengel, der Vorsitzende Richter, in gewohnt nüchternem Ton. “Herr Höcke, zur Sache. Keine Wahlrede.”
Zur Sache äußert Höcke sich dann auch noch: “Ich habe mich niemals intensiv mit dem Nationalsozialismus beschäftigt”, behauptet er. “Ich bin völlig unschuldig und ich habe ein reines Gewissen.”
Das sieht Richter Stengel anders, er verurteilt den Angeklagten am Ende eines langen Verhandlungstages zu 100 Tagessätzen à 130 Euro, macht 13.000 Euro. Höckes zur Schau gestellte Siegesgewissheit ist jetzt verflogen. Angespannt schaut er auf den Richter. Höcke wäre vorbestraft, wenn das Urteil Bestand hat. Sein Verteidiger Ulrich Vosgerau hatte da bereits angekündigt, er werde den Fall, sollte es zu einer Verurteilung kommen, “hochtreiben” bis zum Bundesverfassungsgericht, noch weiter, bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, wo er spätestens siegen werde.
Auch davon zeigt der Richter sich unbeeindruckt. “Ob ein Rechtsmittel droht oder nicht droht, das ist uns völlig schnuppe”, sagt er in seiner Urteilsverkündung. Ohnehin ist der nächste Schritt die Revision vor dem Bundesgerichtshof.
Das Urteil bleibt unter der Forderung der Anklage: Staatsanwalt Benedikt Bernzen hatte eine sechsmonatige Freiheitsstrafe gefordert, auszusetzen auf zwei Jahre Bewährung.
Angeklagt und am Ende auch verurteilt wurde Höcke, weil er 2021 eine Wahlkampfrede in Merseburg mit dem Spruch “Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland” beendet hatte. Nach gängiger Rechtsauffassung – die Höckes Verteidiger in Zweifel zogen – ist der Spruch “Alles für Deutschland” eine Parole der sogenannten “Sturmabteilung” (SA) der NSDAP und damit ebenso strafbar wie andere Slogans aus der Zeit des Nationalsozialismus. Nach Auffassung des Gerichts hat Höcke damit unter anderem gegen Paragraf 86a des Strafgesetzbuches verstoßen. Dieser stellt das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen unter Strafe.
Höcke bestritt nicht, den Satz gesagt zu haben. Alles andere stellten er und seine Anwälte in Abrede: “Alles für Deutschland” sei weder in der Zeit des NS-Regimes noch heute klar als nationalsozialistische Formel erkennbar gewesen, erst der Prozess habe den Spruch bekannt gemacht. Höcke habe auch nicht vorsätzlich gehandelt – und selbst wenn, dann wäre das egal, denn der Satz könne keinesfalls strafbar sein. Sollte Höcke geglaubt haben, gegen geltendes Recht zu verstoßen, so wäre dies ein sogenanntes “Wahndelikt” gewesen, argumentierte sein Anwalt Vosgerau: Höcke hätte sich für schuldig gehalten, ohne schuldig zu sein.

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