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Die Stasi und der Fussball: Wie Fans in der DDR überwacht wurden

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35 Jahre nach der Wiedervereinigung haben die Vereine der ehemaligen DDR ihre Geschichte noch immer nicht aufgearbeitet.
35 Jahre nach der Wiedervereinigung haben die Vereine der ehemaligen DDR ihre Geschichte noch immer nicht aufgearbeitet.Einmarsch BR Deutschland – auch für Fussballfans aus dem Osten ein Erlebnis. Mit Stars wie Franz Beckenbauer, Jupp Heynckes und Günter Netzer.
Ein Fussballspiel kann ein Leben verändern, das hat Hans-Christian Maass selbst erfahren. Anfang der 1970er Jahre war er an der Humboldt-Universität in Ostberlin einer der besten Studenten. Er interessierte sich nicht für Vereine der DDR, aber er wollte unbedingt mal Franz Beckenbauer und Günter Netzer erleben. Und dann hatte er die Chance, denn das Nationalteam der Bundesrepublik spielte im Oktober 1971 in Warschau.
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Hans-Christian Maass reiste mit zwei Freunden nach Polen, ein Visum benötigten sie als DDR-Bürger zu jener Zeit nicht. Die Tickets für das Spiel, die sie über Kontakte im Westen besorgt hatten, sollten sie im Teamhotel des DFB abholen. Dort kamen sie mit Nationalspielern ins Gespräch. «Wir waren 21 Jahre alt», sagt Hans-Christian Maass heute. «Das war wie Ostern und Weihnachten an einem Tag.»
Beim Spiel zwischen Polen und der BRD waren 6000 Zuschauer aus der DDR mit dabei. Hans-Christian Maass applaudierte für die westdeutsche Mannschaft. Er dachte sich nichts dabei und schilderte seine Erlebnisse später in einem Brief an einen Freund. Doch dieser Freund wurde nach einem Fluchtversuch verhaftet. Die Staatssicherheit fand den Brief.
Wenige Monate vor dem Ende seines Studiums wurde Hans-Christian Maass für sein «westlich-dekadentes Verhalten» exmatrikuliert. Es folgte eine Odyssee: mit Gelegenheitsjobs, einem gescheiterten Fluchtversuch auf der Ostsee und drei Monaten im Gefängnis. 1974 durfte er in den Westen ausreisen und konnte sich ein neues Leben aufbauen. «Die DDR wollte sich im Kalten Krieg vom sogenannten Klassenfeind abgrenzen», sagt Maass. «Und sie konnte an uns Studenten ein Exempel statuieren.»Fans aus der DDR sind angereist zum EM-Qualifikationsspiel der BRD gegen Polen in Warschau, 10. Oktober 1971. Die BRD gewann 3:1.Die Staatsmacht mimte Fankultur
Es ist eine Biografie von vielen, die den Einfluss der Staatssicherheit auf den Fussball deutlich macht. Insbesondere in den 1980er Jahren verschärfte sie die Überwachung der Stadien. Mit Sorgen blickte sie auf die Fanklubs der DDR-Vereine, auf Gruppen von jungen Männern, die als gewaltbereit und rebellisch galten. «Viele Fans in der DDR hatten auch einen Lieblingsverein im Westen», sagt die Historikerin Jutta Braun. «Aber die Staatssicherheit wollte Symbole einer deutsch-deutschen Verbrüderung um jeden Preis verhindern.»
Jutta Braun hat an einer Ausstellung mitgewirkt, die gerade rund um den 35. Tag der Deutschen Einheit im Deutschen Sport- und Olympia- Museum in Köln zu Gast ist. Der Titel: «Im Objektiv der Staatsmacht». Die Fotos, die Fans in der DDR zeigen, wurden von der Stasi zum Teil mit Miniaturkameras aufgenommen, versteckt in Jackentaschen.Kamera mit Knopfaufsatz: Diese sowjetische Miniaturkamera F-21 kam meist in Jacken mit aufgesetzten Taschen zum Einsatz.
Einige Motive der Ausstellung zeigen den Jahn-Sportpark in Ostberlin, wo der Serienmeister BFC Dynamo seine Heimspiele austrug. «Der Jahn-Sportpark lag an der Mauer und war von Kameras aus dem Westen einsehbar», sagt Jutta Braun und erinnert an ein Europapokalspiel des Hamburger SV 1982 beim BFC Dynamo. «Im Stadion sassen fast nur Angehörige der Partei, der Stasi und der Freien Deutschen Jugend; die Staatsmacht mimte Fankultur.

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