Die Formel 1 will sich nach der Ära Bernie Ecclestone neu erfinden und für Zuschauer wieder attraktiver werden. Doch die Altlasten behindern die neuen Bosse bei ihrem Vorhaben.
Für Sebastian Vettel ist klar, was er am meisten vermissen wird, jetzt, da Bernie Ecclestone nicht mehr das Zepter in der Hand hält und auch nicht mehr zu allen Rennen kommt: Seinen Backgammon-Partner. „Mit wem soll ich denn da spielen?“, fragte Vettel, als er hörte, dass der 86-Jährige auf keinen Fall zum Saisonauftakt nach Australien kommt. Nur bei einigen Rennen will Ecclestone noch vor Ort sein, „maximal bei der Hälfte vielleicht“, sagt er. Er kommt – obwohl er nichts mehr zu sagen hat. Das haben ihm die neuen Formel-1-Machthaber von Liberty Media um Geschäftsführer Chase Carey wohl eindeutig klargemacht. Ecclestone behauptete in einem Interview, man habe sogar seine früheren Mitarbeiter, die von Liberty Media übernommen wurden, angewiesen, nicht mehr mit ihm zu sprechen. Man wolle die Ära Ecclestone loswerden. Sagte Ecclestone.
Was die neuen Herren bis jetzt wirklich verändert haben, hält sich in Grenzen. Sie haben Ecclestones langjährige rechte Hand im Fahrerlager, Pasquale Lattanedu, gebeten, sich einen neuen Job zu suchen. Und seit den Testfahrten haben sie Teams und Fahrern erlaubt, Videos aus dem Fahrerlager online zu stellen. Außerdem trägt man sich mit der Idee, in Zukunft auch Karten für das Fahrerlager zu verkaufen, um so ein paar mehr Leuten Zugang zum Allerheiligsten der Formel 1 zu gewähren. Bevor allerdings klar ist, auf welchem Preisniveau sich das abspielen soll, bleibt die Frage, wie viele „normale“ Fans die Formel 1 noch ansprechen kann. Dafür wurden langjährige Verträge mit Russland und Kanada geschlossen, ein Ex-TV-Manager als Marketing- und PR-Chef engagiert und Ross Brawn als Sportchef eingeführt. Er soll neue, attraktive Konzepte erarbeiten und umsetzen.
Brawn wirbt schon jetzt für eine gerechtere Einnahmeverteilung, die aber durch das noch bestehende Concorde-Agreement frühestens 2021 möglich wird. Auch beim Motorenreglement, das für die ungeliebte Dominanz von Mercedes mit verantwortlich ist, sind bis 2020 keine Veränderungen möglich. Der ehemalige Ferrari- und Mercedes-Technikchef ist kein Fan der gegenwärtigen Hybrid-Triebwerke. „Insbesondere bei den Antrieben wollen wir mit den Teams und Herstellern über einen Fünfjahresplan sprechen“, sagt Brawn. „Dieser muss technisch relevant sein für die Hersteller, aber kostengünstiger für Kunden und aufregender für die Fans. Mein Traum ist, dass wir alle drei Ziele unter einen Hut bringen.