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Vor Steinmeiers Besuch: Deutschland und Israel zwischen Freundschaft und Eklat

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Immer wieder wird betont, dass Deutschland eine besondere Verantwortung für Israel hat. Doch nun hat sich erneut gezeigt, wie kompliziert die Beziehung ist. Der Bundespräsident will jetzt deeskalieren.
Wird unser Verhältnis zu Israel nie normal? Wie kann es das werden, angesichts von sechs Millionen Toten? Es kann aber immer noch besser werden. Dann, wenn es die nachfolgenden Generationen als selbstverständlich ansehen, die Verantwortung auf eine neue Ebene zu heben: sie als Aufforderung zu verstehen, die Welt noch mehr moralischen Prinzipien entsprechend zum Guten verändern zu helfen. Nach Kräften, mit Empathie und Wertschätzung und zudem einem aus der Vergangenheit in die Zukunft hinüberragenden Wertekompass neue Verbindlichkeit zu schaffen. Will sagen: Sie dürfen nicht nachlassen, der grassierenden Politik der Ein-Eindeutigkeit, der Unterkomplexität à la Le Pen oder Trump eine entgegenzuhalten, die skrupulös abwägt. Die sich der Bedeutung von Worten und Taten bewusst ist.
In einer noch komplexer gewordenen Welt ist der Wunsch nach einfachen Lösungen eine gefährliche Verführung. Davor ist der besser gefeit, bei dem eine Haltung des „Nie wieder“ tief verwurzelt ist. Dass diese Haltung anerkannt wird, zeigt sich schon heute. Deutsche Außenpolitik, Entspannungspolitik, wie sie geprägt worden ist von Hans-Dietrich Genscher, bildet den nötigen Traditionsrahmen. Wie sich immer aufs Neue seither gezeigt hat. Und so wird den Deutschen insgesamt attestiert, nicht nur die Lehre aus der Vergangenheit immer wieder neu zu ziehen.
Das gegenseitige Vertrauen reicht so weit, dass Benjamin Netanjahu, Israels bulliger Premierminister, auf der einen Seite mit Deutschlands Außenminister Sigmar Gabriel einen Händel anfängt, ihn nicht treffen will und damit einen Affront wagt. Auf der anderen Seite aber das von ihm geführte Außenministerium den Präsidenten des Landes, Reuven Rivlin, nicht davon abhält, Gabriel zu empfangen. Und das, obwohl Netanjahu dazu nicht nur fähig, sondern auch berechtigt wäre, weil diese Treffen mit ihm abgesprochen werden; immerhin ist Gabriel auf einer anderen protokollarischen Ebene. Das sagt aus, dass Netanjahu das grundsätzliche Einvernehmen, das seit dem ersten Bundeskanzler, seit Konrad Adenauer also, besteht, nicht gefährden will.
Hinzu kommt, wie er in Deutschlands wirkmächtigem Blatt „Bild“ die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel als wahre Freundin Israels gelobt hat. Das Vertrauen in ihre Garantie der Sicherheit des Staates Israel, die deutsche Staatsräson sei, ist in den zurückliegenden Jahren eher noch gewachsen, zumal diese Sicherheitsgarantie hierzulande von allen wesentlichen Politikern getragen wird. Wie hoch das Vertrauen ist, zeigen regelmäßig positive Umfragen. Zeigt die Tatsache, dass bis zu 20.000 Israelis im Jahr in Berlin sind. Gerne. Zeigt, dass Experten in Israel Antisemitismus in Deutschland für erheblich geringer als in allen anderen großen europäischen Ländern halten. Und dass sie Deutschland in der Hinsicht großes Vertrauen schenken.
Doch was wäre ein normales Verhältnis in heutiger Zeit überhaupt? Das hängt nun wiederum ganz davon ab, ob es sich um einen sogenannten befreundeten Staat handelt oder um einen, zu dem Deutschland Beziehungen unterhält – oder auch keine. Allein schon diese Unterscheidung, politisch wie diplomatisch, zeigt den Pfad hin zur „Normalität“. Insofern lässt sich heute sagen, dass in dieser Hinsicht, einer eher technischen, das Verhältnis schon auch normal ist. Israel ist ein befreundeter Staat und Partner und wird entsprechend behandelt. Diplomatisch. Mit der einen Ausnahme vielleicht, dass die Botschaft nicht in der Hauptstadt, nicht in Jerusalem, angesiedelt ist, sondern aus politischen Gründen in Tel Aviv.
Hinzu kommt: Nach dem Satz, manche sagen Lehrsatz, des britischen Diplomaten Lord Palmerston haben Staaten keine Freunde, sondern nur Interessen. Dementsprechend wäre der Begriff der Freundschaft eine nicht weiter fassbare Kategorie. Allerdings kann die Freundschaft zwischen Politikern ein Verhältnis verändern. Persönliche „Chemie“ ist es, die dann solche Fortschritte bringt, dass ein Verhältnis, das vorher nicht als normal bezeichnet werden konnte, sich entwickelt.

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