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Prozess gegen Gruppe Freital: Ein Urteil für eine offene Gesellschaft

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Mit den Strafen für die Terroristen der Gruppe Freital hat das Dresdner Gericht eindeutig Stellung bezogen. Genau so muss man mit Menschenverachtung umgehen.
Das Freital-Urteil ist ein Signal: Nun ist gerichtlich erwiesen, dass die sieben Männer und eine Frau der rassistischen Bürgerwehr aus dem sächsischen Freital eine terroristische Vereinigung bildeten. Die
zehn
und neuneinhalb Jahre Gefängnisstrafe für ihre beiden Rädelsführer
liegen an der Obergrenze des gesetzlich Möglichen und entsprechen dem Antrag der Ankläger, ebenso die anderen Strafen. Hier agierten keine Kriminellen, urteilte das Dresdner Oberlandesgericht, sondern Rechtsextremisten. Organisiert und arbeitsteilig begingen sie Sprengstoffanschläge, verbreiteten Angst
und Schrecken und nahmen den Tod von Flüchtlingen und politisch Andersdenkenden in Kauf. Und sie waren sich, das ist hier entscheidend, der tödlichen Wirkung ihrer Waffen bewusst.
Anders
als durch die Taten des NSU starb in Freital zwar niemand. Das ist aber nur glücklichen Umständen zu verdanken. Gerade wegen dieser nicht tödlichen Folgen ist dieses Urteil ein
besonderes.
Denn
das Gericht hat die Taten nicht als lokales Ereignis, sondern als Angriff auf die Grundfesten der Bundesrepublik eingeordnet – und damit als Anschlag auf unsere Gesellschaft. Diese Täter griffen Menschen wegen ihrer Herkunft oder politischen Einstellung an, weil sie Syrer waren oder Eritreer
oder Linke. Es war wichtig, klarzustellen, dass es nicht einfach nur Sachbeschädigung, versuchte Körperverletzung oder ein Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz ist, wenn man illegale Böller aus Tschechien zu Sprengsätzen zusammenbastelt und vor den Fenstern von Flüchtlingswohnungen oder im Auto eines politisch Andersdenkenden
zündet. Das ist gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.
Gerade
in Deutschland verbietet sich schon der Gedanke an menschenverachtendes Handeln, weil die Last der NS-Zeit bis ins Heute reicht. Und heute bestimmen beunruhigende
Nachrichten vom totalitären Vorgehen neuer Autokraten den Alltag: Das EU-Land Polen schleift schrittweise den Rechtsstaat, im Netz infiltriert die Reconquista-Bewegung die Filterblasen und mobilisiert für eine ethnisch homogene Gesellschaft, seit Beginn der
“Flüchtlingskrise” bestimmt Populismus die politische Agenda, und in Deutschland fordern führende Politiker die Ausreise von deutschen Staatsbürgern, nur weil sie türkische Wurzeln haben. Sie zeichnen das vermeintliche Idealbild eines ethnisch und rassisch reinen Volkes. All jenen Akteuren muss das Urteil eine Warnung sein.

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