Fünf Mal sind sie verschoben worden, jetzt wird in Tunesiens Kommunen gewählt. Doch der Frust über Parteiengezänk, Korruption und verschleppte Reformen hat vielen Tunesiern die Lust auf die Wahl verdorben. Von Jens Borchers.
Fünf Mal sind sie verschoben worden, jetzt wird in Tunesiens Kommunen gewählt. Doch der Frust über Parteiengezänk, Korruption und verschleppte Reformen hat vielen Tunesiern die Lust auf die Wahl verdorben.
Mitglieder der Partei Ennahda beschallen ein Stadtviertel des Ortes Gremda, im Süden Tunesiens. 40.000 Einwohner, umgeben von Olivenhainen, ein wuseliger Ort mit vielen kleinen Betrieben, Handwerkern und Händlern.
Helmi Chari leitet hier den Wahlkampf der Ennahda-Partei. Die Ennahda bezeichnet sich als islamo-demokratische Gruppierung. Sie stellt im nationalen Parlament die stärkste Fraktion und regiert mit in Tunesien. Aber das ist kein Vorteil, meint Chari. «Das ist ein negativer Einfluss», sagt er trocken.
Chari weiß, dass auch in der Stadt Gremda viele Menschen enttäuscht und verbittert sind. Miese Wirtschaftsdaten, hohe Arbeitslosigkeit, Korruptionsvorwürfe — vorherrschend ist das Gefühl, die Politik kümmere sich um sich selbst, aber nicht um die Tunesier.
Lange wurde im tunesischen Parlament über das Gesetz gestritten, das die Beziehungen zwischen Zentralregierung und Kommunen regeln soll. Was darf in den Städten selbst entschieden, was darf von Tunis aus beeinflusst werden?
Chari sieht deshalb die Wahl als «letzte Chance, die Leute umzustimmen und wieder für Vertrauen in die tunesische Entwicklung zu sorgen». Aber wie? «Naja», sagt Chari, «hier kennt jeder die Kandidaten persönlich. Hier in Gremda reden wir direkt miteinander.»
Neben einer Tankstelle, unter einem schmucklosen Plastikzeltdach, hat die Konkurrenz einen Stand aufgebaut.