Präsident Erdoğan hat sich den Wahlsieg teuer erkauft. Kapital und Köpfe werden weiter aus der Türkei fliehen.
Erdoğan hat sich seinen Wahlsieg teuer erkauft. Kapital und Köpfe werden weiter aus dem Land fliehen. Dazu kommt ein neues Risiko: ein Präsident außer Kontrolle.
Die Türkei hat gewählt, und die Wahlbeteiligung bricht mit fast 90 Prozent alle Rekorde. Auch das Ergebnis ist rekordverdächtig. Recep Tayyip Erdoğan konnte nach 16 Jahren an der Macht seine Siegesserie fortsetzen, die Opposition muss sich wieder einmal mit dem Gefühl begnügen, dabei gewesen zu sein. Diesmal mit einem Wahlkampf, der so kraftvoll und kreativ war, wie man das in der Türkei lange nicht gesehen hat. Aber gereicht hat das nicht für einen Machtwechsel.
Erdoğan hat den Türken in den vergangenen zwei Jahren nach einem blutigen Putschversuch — und auch schon davor — sehr viel zugemutet. Und doch vertraut eine konservative Mehrheit dem starken Mann der Türkei weiterhin.
Die wirksamste Parole der AKP lautete zuletzt: Es gibt keinen zweiten Erdoğan, das sollte wohl heißen: Wenn ihr mich nicht wählt, verliert ihr alles, was ihr in der Vergangenheit gewonnen habt. Einer konservativen Mittelklasse geht es heute weit besser als vor Erdoğans Regentschaft, sie ist mit ihm aufgestiegen und seine treueste Klientel.