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Seehofers Masterplan Migration im Wortlaut

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Der am Dienstag von Bundesinnenminister Seehofer in Berlin präsentierte Masterplan zur Migration im Wortlaut. Die Aufnahmebereitschaft der Gesellschaft setzt Ordnung voraus.
Masterplan Migration
Maßnahmen zur Ordnung, Steuerung und
Begrenzung der Zuwanderung
04.07.2018
Präambel
Die Herausforderungen weltweiter Migration erfordern ein System der Ordnung. Diesem Masterplan liegt die Überzeugung zugrunde, dass unser Land seine Verantwortung nach Außen nur wahrnehmen kann, wenn zugleich der Zusammenhalt im Innern erhalten bleibt.
Die Aufnahmebereitschaft der Gesellschaft setzt Ordnung und Steuerung von Migration voraus. Kein Land der Welt kann unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen. Erfolgreiche Integration kann nur gelingen mit einer Begrenzung von Zuwanderung. Das ist die Kernbotschaft des Koalitionsvertrages. Ordnung braucht klare Vorgaben:
Wir erwarten, dass Antragsteller an ihrem Asylverfahren aktiv mitwirken. Wir wollen verhindern, dass Personen während oder nach einem Asylverfahren untertauchen oder ihre wahre Identität verschleiern. Das Ersuchen um humanitären Schutz und das Begehen von Straftaten schließen sich grundsätzlich aus.
Menschen ohne Bleiberecht müssen unser Land verlassen. Einer Pflicht zur Ausreise muss eine tatsächliche Ausreise folgen.
Die konsequente Durchsetzung des Rechts sichert das Vertrauen in den Rechtsstaat. Die Akzeptanz von Asylverfahren hängt wesentlich davon ab, dass abschlägige Bescheide auch tatsächlich wieder zur Ausreise der Antragsteller führen.
Wir wollen keine Zuwanderung in unsere Sozialsysteme. Unsere Sozialleistungen dürfen keinen Anreiz für den Zuzug nach Deutschland bieten. Deswegen muss die Ausgabe von Sachleistungen gegenüber Geldleistungen Vorrang haben.
Die große Aufgabe der Integration kann nur gelingen, wenn von vorneherein feststeht, auf wen und auf was sie sich bezieht. Sie bezieht sich auf Menschen mit Bleibeperspektive, nicht auf alle, die gekommen sind. Und sie bezieht sich auf unsere Werteordnung, die den Zusammenhalt der Gesellschaft ausmacht. Integration erfordert Mitwirkung, die wir künftig noch entschlossener einfordern wollen. Wir können in diesem Zusammenhang stolz auf das vielfältige ehrenamtliche Engagement unserer Gesellschaft sein.
Deutschland braucht gut ausgebildete und qualifizierte Fachkräfte. Dies gilt es nach klaren Regeln zu steuern. Damit wird auch legale Zuwanderung ermöglicht. Die vor uns liegenden Aufgaben sind vielfältig.
Sie erfordern Maßnahmen in den Herkunftsländern, Maßnahmen in den Transitländern, Maßnahmen auf Ebene der Europäischen Union und Maßnahmen in Deutschland. Diese vier Handlungsfelder bilden den Rahmen dieses Masterplans.
Wir haben hier in den vergangenen Jahren einiges erreicht. Darauf bauen wir auf. Zur Entwarnung gibt es jedoch keinen Anlass. Der Migrationsdruck an den Außengrenzen Europas hält weiter an. Die Entscheidung, wer nach Deutschland kommt und wer nicht, dürfen wir nicht kriminellen Schleppern überlassen. Viele nationale Maßnahmen bedürfen noch der Verbesserung, so insbesondere die konsequente Abschiebung, die Erfolgsquote der Integrationskurse und schnelle und sichere Asylverfahren.
Die Umsetzung dieses Masterplans muss stets die Gesamtentwicklung der Zuwanderung berücksichtigen. Es gilt der im Koalitionsvertrag vereinbarte Zuwanderungskorridor von 180.000 bis 220.000 Schutzsuchenden im Jahr. Hilfe vor Ort in den Herkunfts- und Transitländern durch Stärkung der Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit ist der humanste und wirksamste Weg, Fluchtursachen zu begegnen und Bleibe- und Zukunftsperspektiven für die Menschen zu schaffen.
Die Verantwortung gegenüber der Stabilität des Staates gebietet Steuerung und Begrenzung von Zuwanderung. Der Masterplan steht für dauerhafte Ordnung und Steuerung von Migration. Er sichert die Balance aus Hilfsbereitschaft und den tatsächlichen Möglichkeiten unseres Landes. Er ist somit geeignet, die Spaltung unserer Gesellschaft zu überwinden.
Um die im Koalitionsvertrag festgelegten Ziele zu erreichen, bilden die 63 Maßnahmen dieses Masterplans den ordnungspolitischen Rahmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat. Sie nehmen die Ergebnisse des Europäischen Rates vom 28. Juni 2018 auf.
Sollten die genannten Ziele wider Erwarten durch nationale oder internationale Entwicklungen gefährdet sein, müssen weitere Maßnahmen in Betracht gezogen
werden.
Es gilt das Versprechen, die Zahl der nach Deutschland und Europa flüchtenden Menschen nachhaltig und auf Dauer zu reduzieren, damit sich eine Situation wie die des Jahres 2015 nicht wiederholen wird und kann.
I. Handlungsfeld Herkunftsländer
Politische Ziele
Flucht und Migration sind eine langfristige und weltweite Herausforderung, ausgelöst durch Krisen, Kriege, Hunger, Armut und Perspektivlosigkeit. 90% der Flüchtlinge leben in den Kriegs- und Krisengebieten und finden Aufnahme in Entwicklungsländern. Deutschland tut bereits viel und wird seinen Einsatz vor Ort weiter verstärken, denn Hilfe vor Ort ist der humanste und wirksamste Weg, Fluchtursachen zu begegnen und Bleibe- und Zukunftsperspektiven für die Menschen zu schaffen. Deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist unseren Interessen und Werten verpflichtet. Mitmenschlichkeit ist für uns nicht verhandelbar.
Wir bekennen uns ohne Einschränkung zur Armutsbekämpfung. Zugleich muss jede Regierung, die entwicklungspolitisch enger mit uns kooperieren will, wissen, dass wir an ihr Handeln strenge Maßstäbe anlegen, etwa mit Blick auf die Achtung der Menschenrechte oder den Kampf gegen die Korruption. Auch die Zusammenarbeit zur Abwehr der Kriminalität, des Schleusertums, der illegalen Migration und bei der Rücknahme abgelehnter Asylbewerber ist wichtiger Bestandteil der Kooperation mit unseren Partnerländern. Der Marshallplan mit Afrika ist das Handlungskonzept zur Zusammenarbeit mit den afrikanischen Partnerländern. Über Reformpartnerschaften, die auf dem Ansatz des Förderns und Forderns beruhen, treiben wir die Entwicklung ausgewählter Partnerländer gezielt voran. Denn von einer erfolgreichen Bewältigung der großen Herausforderungen Afrikas hängt auch die Zukunft Europas ab.
Die Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern muss ausgebaut werden. Die ODA-Quote (Official Development Assistance) darf daher nicht, wie im Finanzplan bis 2022 vorgesehen, absinken. Es geht um Überlebenshilfe und Aufbau von Infrastruktur in den Krisengebieten, aber insbesondere auch um langfristige Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit wie Armutsbekämpfung, wirtschaftliche Entwicklung, Bildung und Ausbildung, Klimaschutz, Gleichberechtigung der Frauen, gute Regierungsführung und die Wahrung der Menschenrechte.
Deutschland kann die Herausforderungen aber nicht alleine bewältigen. Notwendig sind ein wesentlich stärkeres finanzielles Engagement der Europäischen Union und eine Neugestaltung fairer Handelsbeziehungen.
Maßnahmen
1. Verringerung der Fluchtursachen: Durch die Ausweitung der Maßnahmen der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit wie beispielsweise den Aufbau von Infrastruktur und Investitionen in Bildung und Beschäftigung.
2. Temporäre Beschäftigung sichern: Wer ein Auskommen hat, flieht nicht aus seiner Heimatregion. Die „Beschäftigungsoffensive Nahost“ wird verstetigt und ausgeweitet. Damit werden die Maßnahmen für die Rückkehr von Millionen von Binnenflüchtlingen in den Fluchtländern verstärkt.
3. Schulbesuch in den Herkunftsregionen gewährleisten: Familien ziehen weiter, wenn ein Schulbesuch ihrer Kinder nicht mehr möglich ist. Umgekehrt gilt: Familien werden zögern in ihre Heimat zurückzukehren, wenn keine Ausbildung für ihre Kinder möglich ist. Daher wird das Engagement im Bildungsbereich weiter ausgebaut.
4. Dauerhaft Arbeitsplätze schaffen: Mit der Sonderinitiative „Ausbildung und Beschäftigung“ wird auf eine neue gezielte und vernetzte Zusammenarbeit von und mit Unternehmen gesetzt. Der Schwerpunkt liegt auf der Region des Maghreb und den afrikanischen Reformpartnerländern.
5. Mit einem Entwicklungsinvestitionsgesetz werden verbesserte Rahmenbedingungen für private Investitionen, wirtschaftliche Zusammenarbeit und neue Formen der Ausbildungs- und Technologiekooperationen geschaffen.
6. Beratung zur freiwilligen Rückkehr und Reintegration: Künftig soll das BAMF Asylbewerbern ein Angebot zur freiwilligen Rückkehrberatung unterbreiten. Generell sollte Rückkehrberatung einheitlichen Zielsetzungen und Standards folgen. Hierfür wird es für jedes Zielland bundesweit einheitliche Angebote geben. Dabei ist auch der Konnex zur Beratungs- und Angebotsstruktur des BMZ in den Herkunftsländern herzustellen. Das BMZ wird Rückkehrwilligen einen Einstieg in Qualifizierungsangebote schon in Deutschland anbieten. Diese sollen nicht aufenthaltsverlängernd wirken, sondern vielmehr einen Neustart im Herkunftsland erleichtern.
7. Beratungs- und Betreuungszentren ausbauen: Die acht Beratungszentren in Irak, Kosovo, Ghana, Serbien, Albanien, Tunesien, Marokko und Senegal koordinieren Ausbildungs- und Beschäftigungsprogramme vor Ort. Diese Beratungsleistungen werden auch Rückkehrern aus Deutschland angeboten. Zudem wird über die Gefahren der illegalen Migration und die Möglichkeiten einer legalen Zuwanderung nach Deutschland und Europa informiert. Wir wollen in Hauptherkunftsländern weitere bewährte Reintegrationsangebote aufbauen sowie Beratungszentren errichten und das Angebot der örtlichen Ausbildungs- und Beschäftigungsprogramme weiter erhöhen. BMZ und BMI werden einen gemeinsamen Aktionsplan zur freiwilligen Rückkehr und Reintegration erarbeiten und umsetzen.
8. Haushaltsaufstellung 2019 und Finanzplan bis 2022: Die genannten Maßnahmen erfordern zusätzliche Haushaltsmittel. Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA-Quote) darf nicht absinken. Auf ihrer jetzigen Basis müssen die Mittel weiter gesteigert werden. Hieraus ergibt sich – über die Eckwerte hinaus – für das Jahr 2019 ein zusätzlicher Gesamtbedarf für den Einzelplan des BMZ in Höhe von 880 Mio. Euro. Außerdem werden Verpflichtungsermächtigungen für die nachfolgenden Haushaltsjahre benötigt, um belastbar planen zu können. Zugleich ist erforderlich, für komplementäre rückkehrbezogene Projekte des BMI im Rahmen des Aktionsplans von BMI und BMZ den Haushaltsansatz für die internationale Projektarbeit des BAMF in Herkunftsländern bis 2020 schrittweise anzuheben. Hierfür werden BMI und BMZ gemeinsam eintreten.
9. Verbesserung der Rückübernahme: Unterstützung der Herkunftsländer bei der Identifikation ihrer Staatsangehörigen in Transitländern, um sie mit Ersatzreisepapieren auszustatten und wieder aufzunehmen.
10. Ausbau und Stärkung der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit:
– Ausbau des Verbindungsbeamten-Netzwerkes der Bundespolizei in den Herkunfts- und Transitländern. Dadurch soll die direkte Kommunikation mit den Herkunftsländern zur Verhinderung von illegaler Migration verbessert werden.
– Effektivierung des Engagements der internationalen Gemeinschaft: Weiterentwicklung der zivilen VN- und EU-Polizei-Missionen in Herkunfts- und Transitländern zur Stabilisierung der Sicherheitslage in betroffenen Staaten,
– Beteiligung an internationalen Einsätzen: Bildung eines Personalpools zum Ausbau der deutschen Beteiligung an internationalen Polizeieinsätzen und somit Erleichterung der Entsendung in Auslandseinsätze und
– Erweiterung der Finanzausstattung durch:
– Deutliche Erhöhung des BMI Haushaltstitels für bilaterale Maßnahmen der polizeilichen Ausbildungs- und Ausstattungshilfe auf 6 Mio. € (zuzüglich 0,5 Mio. € jährlich als Sondertatbestand bis 2020) in den Herkunfts- und Transitländern zur Stärkung der dortigen Sicherheitsbehörden und Förderung eines wirksamen Grenzmanagements sowie
– Schaffung eines neuen BMI Haushaltstitels als Anteil aus den Ertüchtigungsmitteln des Auswärtigen Amtes (AA) zur flexiblen Verwendung im polizeilichen Kapazitätsaufbau in Drittstaaten (z. B. ITProjekte im Identitätsmanagement, Interpolprojekte, Grenzprojekte in Herkunfts- und Transitstaaten).
II. Handlungsfeld Transitländer
Politische Ziele
Wir wollen auch die Transitländer illegaler Migration bei der Stabilisierung ihrer politischen Lage unterstützen, insbesondere Nordafrika und die Sahel-Region, Libyen, Ägypten, Jordanien, Libanon und Türkei. Dafür wollen wir in diesen Ländern bei der kurzfristigen Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen helfen, die Infrastruktur aufnehmender Gemeinden unterstützen und zugleich in mittel- und langfristige Zukunftsperspektiven investieren. Darüber hinaus wollen wir die zivile Sicherheit stärken und bei einem wirksamen Grenzmanagement unterstützen. Illegale Migration und Schleuserkriminalität wollen wir gemeinsam bekämpfen sowie die freiwillige Rückkehr durch IOM und UNHCR unterstützen. Die Zusammenarbeit mit den Transitländern muss ausgebaut werden.
Maßnahmen
11. Einrichtung von sog. „Sicheren Orten“: Zur Verhinderung weiterer Flucht- und Migrationsbewegungen, Stärkung der Aufnahmekapazitäten sowie Verbesserung der Aufnahmebedingungen, insbesondere in Regionen im Umfeld von Konfliktherden durch die Errichtung von „Sicheren Orten“ in Zusammenarbeit mit UNHCR und IOM in:
– Nordafrika (zur Rückführung von im Mittelmeer geretteten Flüchtlingen in sog. regionalen Ausschiffungsplattformen) und
– Sahel-Region (als Anlaufstelle für Flüchtlinge in Konfliktregionen) unterstützt durch die EU bzw. die Völkergemeinschaft. Dabei Gewährleistung einer robusten Sicherung dieser Orte sowie Erwartungsmanagement hinsichtlich der Erfolgsaussichten einer Weiterreise nach Europa, Ermöglichung der Rückführung und Resettlement aus diesen. Die Aufnahme über Resettlement wäre abhängig von den Gesamtzugangszahlen nach Deutschland.
12. Aktivierung von EU-Geldern für Konfliktherde: Erhöhung der Finanzausstattung des EU-Afrika Trust Fonds (Maßnahmenplan der EU für Stabilität und Bekämpfung der Fluchtursachen in Afrika) im Rahmen der Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU für den Zeitraum von 2020 bis 2027.
13. Aufklärung über Fluchtfolgen: Durchführung zielgerichteter Aufklärungsarbeit (Einrichtung weiterer Rückkehrzentren über Agadez / Niger hinaus) zur Verdeutlichung der Chancenlosigkeit illegaler Migration.
14. Schulung im Grenzmanagement: Unterstützung von internationalen Schulungseinrichtungen für Grenzpolizisten (z.

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