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Wer von den Milliarden der Bundesregierung profitiert

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Es ist der Versuch, Optimismus zu erzeugen: Die Bundesregierung will mit einem beispiellosen Programm die Corona-Folgen überwinden. Diese Branchen nützt es.
Es ist eine große Wette, die Angela Merkel, Markus Söder,Olaf Scholz und Co. eingegangen sind. Die 57 Punkte ihres Konjunkturpakets, mit 130 Milliarden Euro das größte in der Geschichte der Bundesrepublik, wirken kraftvoll. Es ist eine Mischung aus Konsumspritzen, Liquiditätshilfen und Investitionen in Zukunftsfelder wie Künstliche Intelligenz und E-Mobilität. Das Paket reicht vom 700-Millionen-Programm für Waldflächen, einer Stallumbau-Finanzierung für bessere Haltungsbedingungen, einen 300-Euro-Kinderbonus und Strompreisrabatte. Es ist ein Versuch, Optimismus zu erzeugen, um „mit Wumms“ aus der Krise zu kommen, wie es Finanzminister Scholz formuliert hat. Kann das gelingen? HANDEL UND GASTRONOMIE
Hier drohen akut Pleitewellen. Für kleine und mittelständische Unternehmen wird wegen des massiven Umsatzausfalls nun ein weiteres 25-Milliarden-Programm für Überbrückungshilfen aufgelegt, um möglichst viele Jobs zu retten. Die bis August befristeten Finanzspritzen sollen vor allem dem Hotel- und Gaststättengewerbe, Caterern, Kneipen, Clubs, Jugendherbergen, Schaustellern und Messeveranstaltern zugutekommen. Bei Verlusten von 50 Prozent und mehr gibt es maximal 150 000 Euro an Erstattungen, bei Kleinstunternehmen 9000 Euro.
Für die drei Millionen Beschäftigten im Handel ist das ganze Paket ein Hoffnungsschimmer – mehr erst einmal nicht. „Es ist zumindest der Versuch, Arbeitsplätze zu retten“, sagt Ulrich Binnebößel vom Handelsverband Deutschland (HDE). Die nächsten zwei, drei Monate würden zeigen, wie viele Betriebe durchhalten können. Da die Mehrwertsteuersenkung auf 16 beziehungsweise fünf Prozent auch für den Einkauf im Internet gilt, könnten sich die Verschiebungen Richtung E-Commerce sogar noch verstärken. Binnebößel sagt: „Das größte Konjunkturprogramm wäre ein Fall der Maskenpflicht.“ Dies ist aber in der anhaltenden Pandemie nun einmal nicht möglich.
Nach Schätzung von HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth werden die privaten Haushalte mit der Senkung der Mehrwertsteuer, dem Kinderbonus von 300 Euro je Kind und der Fixierung der EEG-Umlage beim Strompreis um insgesamt rund 27 Milliarden Euro entlastet. Das soll die Binnennachfrage ankurbeln. Gerade im Weihnachtsgeschäft könnte das große Impulse entfalten, heißt es. Der HDE lehnt eine Selbstverpflichtung der Branche auf vollständige Weitergabe der Steuersenkung aber ab. Klar ist: Das Geschäft wird noch Monate weit unter dem Vor-Corona-Umsatz liegen.
Wo es Pleiten gibt, soll ein schneller Neustart nach einer Insolvenz erleichtert werden. „Deshalb soll das Entschuldungsverfahren für natürliche Personen auf drei Jahre verkürzt werden, flankiert durch ausreichende Maßnahmen zur Missbrauchsvermeidung“, heißt es im 15-seitigen Beschlusspapier der großen Koalition. In der Bundesregierung ist man sich durchaus bewusst, dass besonders die Mehrwertsteuersenkung in zweierlei Richtung wirken könnte. Vor allem beim anderen großen Problemfall, der Gastronomie und dem Tourismus. Wird sie nicht an die Verbraucher eins zu eins weitergegeben, ist es eine Finanzspritze für Betriebe und Unternehmen. Finanzminister Olaf Scholz stellt Reisebüros ein eigenes Rettungsprogramm in Aussicht, da die großen Touristikunternehmen Provisionen für gezahlte und dann wegen Corona abgesagte Reisen zurückfordern und hier eine bundesweite Insolvenzwelle droht. AUTOINDUSTRIE
Am Donnerstag waren sich die Beobachter noch uneins, ob das Konjunkturpaket der Regierung nun als Erfolg oder als Niederlage der Automobilindustrie zu werten sei. Auch die Branche selbst schien sich ihrer Sache nicht so sicher. Tatsache ist: Eine Abwrackprämie oder Kaufanreize für moderne Benziner und Diesel (Verbrenner) wird es nicht geben – trotz intensiver Lobbyarbeit der Autoindustrie. Trotzdem liegt der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nicht falsch, wenn er von einem „großen Autopaket“ spricht. Umweltschützer kritisierten sogleich, dass es eine Verbrenner-Prämie „durch die Hintertür“ gebe, weil auch Plug-in-Hybride stärker gefördert werden sollen. Diese haben neben dem Elektroantrieb noch einen Verbrennungsmotor an Bord.
Die Zahlen: 2,2 Milliarden Euro gibt der Bund für eine „Innovationsprämie“ für Elektroautos aus, jeder Käufer erhält also nun 6000 statt 3000 Euro staatliche Kaufprämie beim Erwerb eines E-Fahrzeugs, das nicht mehr als 40000 Euro (Netto-Listenpreis der Basisausstattung) kostet.

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