Der ehemalige Krankenpfleger Niels Högel hat zum Prozessauftakt in Oldenburg die ihm zur Last gelegten 100 Morde zugegeben. Vor Gericht schilderte der 41-Jährige seinen Werdegang.
Der wegen hundertfachen Mordes angeklagte frühere Krankenpfleger Niels Högel hat die Taten zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Oldenburg zugegeben. Auf die Frage des Gerichts, ob die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zuträfen, antwortete Högel mit “Ja”. “Das, was zugegeben worden ist, so ist es auch”, fügte der 41-Jährige hinzu. Der Anklage zufolge hat Högel in den Jahren 2000 bis 2005 an Kliniken in Delmenhorst und Oldenburg 100 Patienten im Alter von 34 bis 96 Jahren tödliche Medikamente gespritzt. Der Vorwurf lautet: heimtückische Tötung aus niedrigen Beweggründen.
Zunächst war der Angeklagte ausführlich zu seinen beruflichen Anfängen und seinen privaten Verhältnissen befragt worden. Um konkrete Tatvorwürfe ging es dabei zunächst nicht. Die Richter wollen die Geschehnisse aus der Anklageschrift chronologisch abarbeiten. Högel berichtete etwa, dass er Pfleger geworden sei, weil sein Vater und seine Großmutter in diesem Beruf gearbeitet hätten. Schon kurz nach dem Berufsstart habe er auf der Intensivstation in Oldenburg unter Druck gestanden und angefangen, Schmerzmittel zu nehmen. “Es war der Stress.” Er hätte bereits damals erkennen müssen, dass die Arbeit nichts für ihn gewesen sei. Eine weitere Belastung sei sein Privatleben gewesen: Als seine Freundin ihn 1999 verlassen habe, sei das traumatisch für ihn gewesen. Im Jahr darauf beging Högel den ersten Mord – laut Anklage am 7. Februar 2000.
Die Arbeit habe ihn abstumpfen lassen, sagte Högel. Es sei nur darum gegangen, die Werte der an Schläuche und Maschinen angeschlossenen Patienten auf der Intensivstation stabil zu halten. Sie zu pflegen oder zu waschen sei in den Hintergrund getreten. “Man entpersonifiziert sie”, sagte Högel.
Die Anklageschrift war angesichts der zahlreichen Tatvorwürfe so umfangreich, dass Oberstaatsanwältin Daniela Schiereck-Bohlmann zwei Stunden brauchte, um sie zu verlesen. Dabei nannte sie Namen und Geburtsdaten aller mutmaßlichen einhundert Opfer, deren Fälle in diesem Prozess verhandelt werden, und schilderte deren Krankenhausaufenthalte. Aus Langeweile und Geltungssucht habe Högel bei Patienten Herz-Kreislauf-Stillstände auslösen wollen, um sich beim Wiederbeleben zu beweisen.