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Die Suche nach dem Supraleiter

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Ein Material, das bei Raumtemperatur Strom ohne Widerstand leitet, beflügelt die Forschung. In der Praxis wird aber weiter auf gekühlte Varianten gesetzt.
Strom ist der Treibstoff des 21. Jahrhunderts. Wo es technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist, soll er klimafreundlich erzeugt werden und CO2-intensive Energieträger wie Benzin oder Gas ersetzen. Doch er neigt zum Widerstand: Am Ende einer Elektroleitung kommt nur ein Teil der ursprünglichen Energie an, der Rest wird zu Wärme. Nicht aber bei Supraleitern, hier geht Strom verlustfrei durch. Vor 110 Jahren wurde das Phänomen entdeckt. Inzwischen sind viele Materialien bekannt, bei denen es auftritt, meistens jedoch bei sehr geringen Temperaturen. Der Traum der Physiker:innen und Anlagenbauer:innen wäre ein Material, das Strom auch bei Umgebungstemperatur verlustfrei leitet. Hierbei sind in der jüngeren Vergangenheit enorme Fortschritte gemacht worden, bis hinauf auf 15 Grad Celsius. Bis zu einem praktikablen Supraleiter ohne Kühlung ist es indes noch ein weiter Weg. Doch selbst die eisigen Varianten werden zunehmend konkurrenzfähig zu herkömmlichen Leitungen und dürften immer häufiger verbaut werden. Ein Gemisch leitet selbst bei 15 Grad noch verlustfrei Den bisherigen Rekord hält ein Material, das Forscher um Ranga Dias von der Universität Rochester (US-Staat New York) entwickelt haben. Es ist ein Gemisch aus Kohlenstoff, Schwefel und Wasserstoff, das selbst bei 15 Grad Celsius noch verlustfrei leitet. Mit der Einschränkung, dass dafür ein Druck von 270 Gigapascal nötig ist. Das ist etwa so viel wie im äußeren Erdkern in gut 4000 Kilometern Tiefe herrscht. Die Forscher erzeugten diese extremen Bedingungen mit einer Diamantstempelzelle. Dabei handelt es sich um zwei Spitzen aus dem edlen und vor allem sehr harten Mineral, die aufeinandergepresst werden. Um die Druckzone zwischen den beiden Spitzen, nur wenige Kubikmikrometer klein, befindet sich eine Manschette aus besonders stabilem Metall, etwa Rhenium. Solche Experimente sind kompliziert, die Diamanten beispielsweise können zerbrechen. Und es ist nicht ausgemacht, dass sich die Hochdruckmaterialien so bilden wie erwünscht. „Wir und weitere Teams arbeiten daran, die Ergebnisse zu reproduzieren, aber das ist noch niemandem gelungen“, erklärt Mikhail Eremets vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz bezüglich der Studie der US-Forscher, die im Oktober in „Nature“ veröffentlicht wurde. Über die Bedeutung der Entdeckung – das Fachmagazin „Science“ feierte sie immerhin als einen der Durchbrüche des Jahres 2020 – möchte er daher noch nichts sagen. Eremets und seine Kollegen hatten zuvor den Rekord gehalten. Ihr Lanthan-Wasserstoff-Gemisch war bis minus 23 Grad supraleitend, bei einem Druck von 170 Gigapascal. Freie Elektronen, die sich von Atom zu Atom weiterbewegen Beide Forschergruppen setzen auf eine Materialmischung, die metallischem Wasserstoff nahekommt. „Dabei werden Wasserstoffatome so nahe zusammengebracht, dass sich ihre Elektronenwolken überlagern“, sagt Thomas Herrmannsdörfer vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR). „So entstehen freie Elektronen, die sich von Atom zu Atom weiterbewegen können, bis zum Ende der Probe.

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