Wie flog der US-Sicherheitsberaters Michael Flynn auf? BILD zeigt, was zu seinem Rücktritt führte. Das politische Russland zeigt sich erbost.
Lügen haben kurze Beine… wenn der Geheimdienst mithört.
Der spektakuläre Rücktritt des Nationalen Sicherheitsberaters Michael Flynn nach Telefonaten mit dem russischen Botschafter in Washington wirft die Frage auf: Wie flog Flynn auf?
► Was war passiert?
Am 29. Dezember 2016 verhängte die Obama-Administration Sanktionen gegen Russland. Aufgrund der „Einmischung in die US-Präsidentschaftswahl“ wurden 35 Diplomaten und ihre Familien des Landes verwiesen. Weitere russische Institutionen wurden mit Sanktionen belegt.
Innerhalb von Stunden, waren sich Beobachter sicher, würde Putin Gegenmaßnahmen ergreifen und ebenfalls Diplomaten ausweisen. Doch weit gefehlt. Wie durch ein Wunder entschied sich Russland gegen eigenen Sanktionen und Russland verspottete stattdessen die „lahmen“ Strafmaßnahmen der scheidenden Obama-Regierung.
► Worüber sprach Flynn mit Putins Mann in den USA?
Kurz darauf wurde bekannt, dass Michael Flynn – zu diesem Zeitpunkt noch Mitglied in Trumps „Transition Team“ (Übergangsteam) und nicht in einer offiziellen Regierungsposition – am 29. Dezember mit dem russischen Botschafter Sergei Kisljak telefonierte. Dabei sei es ausdrücklich nicht um Sanktionen gegangen, so Trumps Sprecher später.
Doch das scheint nicht wahr zu sein. Unter Berufung auf neun ehemalige und aktuelle Geheimdienstmitarbeiter berichtete die „Washington Post“ am 9. Februar, dass Flynn zwar nicht wortwörtlich die Aufhebung von Sanktionen anbot, sollte Russland nicht auf die Obama-Sanktionen reagieren. Aber: „Kisljak wurde mit dem Eindruck hinterlassen, dass die Sanktionen zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgegriffen werden würden“, so einer der Geheimdienstleute zu der Zeitung.
► Wieso wussten die US-Geheimdienste von Flynns Anruf?
Es ist ein offenes Geheimnis, dass Staaten die Telefonate mit Botschaften anderer Staaten abhören, besonders, wenn diese – wie es Ende 2016 der Fall war – als potenziell feindlich gesonnen bewertet werden. Dass Flynn, der unter US-Präsident Barack Obama selbst Chef des US-Militärgeheimdienstes DIA war, dies bei seinen fünf Telefonaten mit dem russischen Botschaftern vergaß, ist verwunderlich.
► Wie kamen die Informationen an die Öffentlichkeit?
Zwischen Flynns Telefonaten mit dem russischen Botschafter und Donald Trumps Vereidigung vergingen mehr als drei Wochen. In dieser Zeit ersetzte Trump zahlreiche führende Geheimdienst-Mitarbeiter und beleidigte sie zum Thema Russland Anfang Januar mehrfach bei Twitter. Ein Fehler.
The “Intelligence” briefing on so-called “Russian hacking” was delayed until Friday, perhaps more time needed to build a case. Very strange!
Die Geheimdienste wendeten sich offenbar an die Medien bzw. gaben bereitwillig Auskunft als sie von der „Washington Post“ angefragt wurden. Dass gleich neun Mitarbeiter die Inhalte des Flynn-Telefonats preisgaben, gab es noch nie. Sowohl die Bedrohungslage durch die Eingeständnisse gegenüber Russland, als auch die Verhöhnung der Geheimdiensterkenntnisse zur russischen Einmischung während der Wahl Trumps zum Präsidenten scheinen rote Linien überschritten zu haben.
Genau dieser Umstand erbost auch Präsident Trump! Am Dienstag schrieb er auf Twitter: „Die eigentliche Frage ist, warum es in Washington so viele illegale Leaks gibt“.
The real story here is why are there so many illegal leaks coming out of Washington? Will these leaks be happening as I deal on N. Korea etc?
► Warum hat Flynn das Gesetz gebrochen?
Michael Flynn hatte im Dezember schon mehrfach mit dem russischen Botschafter telefoniert, zum Beispiel, um ihm sein Mitgefühl nach dem Absturz eines russischen Militärflugzeugs auszurichten. Das wäre nach US-Gesetz kein Problem. Aber das Inaussichtstellen einer Rücknahme von Sanktionen – übrigens auch die Ankündigung neuer Sanktionen – stellt ein Verbrechen laut der US-Gesetze dar, denn der sogenannte „Logan Akt“ verbietet es US-Bürgern, sich in Auslands-Diplomatie einzumischen, wenn sie kein offizielles Amt bekleiden.
Ein peinlicher Skandal. ABER: Die zweite große Schlappe des neuen US-Präsidenten könnte sich am Ende als Glücksfall erweisen
Am Morgen nach Flynns Rücktritt zeigt sich das politische Russland wütend über den Schritt und wittert eine Verschwörung.
Konstantin Kosachew, Vorsitzender des Komitees für Auswärtige Angelegenheiten des russischen Föderationsrats zeigte sich erbost: „Entweder hat die Trump-Regierung noch nicht die notwendige Unabhängigkeit zu handeln (…) oder die Russophobie (Russlandfeindlichkeit, d. Red.) hat die neue Regierung von der Spitze bis zum Boden bereits infiziert.“
Weiter vermutete Kosachew offenbar eine Verschwörung russlandkritischer Kreise in den USA hinter dem Rücktritt: „Von den Falken in Washington wird die Bereitschaft zum Dialog mit den Russen als Gedankenverbrechen gesehen.“ Darum habe Flynn gehen müssen.
Auch weitere hochrangige russische Außenpolitiker werteten den Rücktritt von Michael Flynn als Versuch, eine Annäherung zwischen den Regierungen in Washington und Moskau zu behindern.
„Es ist offensichtlich, dass Flynn sein Rücktrittsgesuch unter Druck schreiben musste“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Duma, Leonid Sluzki.
Die Entlassung Flynns solle die Beziehungen zu Russland treffen, schrieb der Vorsitzende der Kommission für Informationspolitik des russischen Föderationsrats, Alexej Puschkow, auf Twitter. Und weiter: „Flynn wurde aufgrund einer aggressiven Kampagne der US-Mainstream-Medien gezwungen zu gehen.“ Nach Flynn würden die Medien und Russland-Kritiker nun Trump selbst angreifen .
Flynn was forced to leave after an aggressive campaign by U. S. mainstream media. “Daily News” front page “Russian for the exit” tells it all
Der USA-Forscher Pawel Scharikow von der Akademie der Wissenschaften in Moskau vermutete dahinter einen Rachefeldzug der Demokratischen Partei „für ihre dramatische Wahlniederlage“, wie er der Agentur Interfax sagte.
Auffällig: Der Kreml selbst wollte den Rücktritt Flynns nicht kommentieren. Es sei eine innere Angelegenheit der USA, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Die zahlreichen Einlassungen hochrangiger Politiker lassen aber vermuten, dass Moskau nicht erfreut ist.
PS: Sind Sie bei Facebook? Werden Sie Fan von BILD.de-Politik!
© Source: http://www.bild.de/politik/ausland/headlines/flynn-russische-reaktionen-50425926.bild.html
All rights are reserved and belongs to a source media.