Philipp Lahm: Neben Hoeneß ist kein Platz für ihn
Der FC Bayern braucht dringend frisches Führungspersonal. Philipp Lahm schien die ideale Lösung, hat aber abgesagt. Ist Uli Hoeneß noch nicht bereit, Platz zu machen?
Die Zukunft des FC Bayern könnte sich wie häufiger zuletzt auf dem Platz angedeutet haben. In den letzten Minuten des Pokalspiels am Dienstag nutzte der Abstiegskandidat Wolfsburg die Lücken im Mittelfeld und in der Abwehr der Bayern, hatte mehrfach die Chance zum Ausgleich. Bayern gewann zwar und ist ja auch Tabellenerster der Liga, sogar das Triple ist möglich. Doch die Leistungen der Mannschaft nehmen seit Monaten ab. Ihre Zukunft ist ungewiss, sie braucht bald neue Spieler. Ihre Leistungsträger sind in die Jahre gekommen, etwa Arjen Robben, Franck Ribéry, Xabi Alonso und Philipp Lahm.
Lahm hat sogar gar keine Zukunft mehr, das hat er selbst festgelegt. Der Kapitän hat angekündigt, sein Karriereende um ein Jahr vorzuziehen. Der 33-Jährige hört im Sommer auf, womöglich auch, weil Bayern schlechter Fußball spielt als in den vergangenen Jahren. Ein großer sportlicher Verlust für den FC Bayern, Lahm ist noch immer der wichtigste Spieler.
Der vielleicht noch größere Verlust für die Zukunft des Vereins ist der zweite Teil der Nachricht: Lahm lehnt auch das Angebot ab, Sportdirektor der Bayern zu werden. In den vergangenen Monaten schien alles auf ihn hinauszulaufen. Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge lobten ihn. Auch Lahms Ambitionen auf einen Chefposten des bedeutendsten deutschen Sportvereins waren unstrittig.
Doch daraus wird nichts. Lahm wird vorerst Privatier und der FC Bayern muss einen anderen suchen. Dabei braucht auch die Führung frisches Personal, einen Sportdirektor fordert sogar Hoeneß. Der ist zwar wieder da, seit November Präsident, seit Montag Chef des Aufsichtsrats. Aber er ist schon 65. Außerdem hat er durch seine Haft zumindest außerhalb des Vereins an Größe eingebüßt. Lahm schien ideal, um ihn zu ersetzen. Doch er sagte ab. Offenbar war Hoeneß nicht bereit, das Erbe im Sinne des Nachfolgers zu regeln.
Die Sache hat Brisanz, auch wenn es auf den ersten Blick anders scheinen mag. Bayern München hat glorreiche Jahre hinter sich. Seit 2010 erreichte der Verein dreimal das Finale der Champions League, seit 2012 verpasste er kein Halbfinale, 2013 gewann er sie. Wahrscheinlich holt er im Mai den fünften nationalen Meistertitel in Serie, schon der vierte war deutscher Rekord. Der FCB erlebt die erfolgreichste Zeit seit den 70ern.
Doch spätestens in dieser Saison zeichnet sich das Ende dieser Ära ab. Die Mannschaft wurde in den vergangenen Jahren nicht in der nötigen Qualität verstärkt, um dieses Niveau zu halten. Die Erfolge haben diesen Mangel überdeckt.
Es fehlt einer, der sich darum kümmert, ein Architekt. Im Verein ist das kein Geheimnis. Auch Lahm wäre das nicht auf Anhieb geworden, aber er hätte sich dazu entwickeln können. Lahm, ein Bayer, ist seit 1995 im Verein, bloß zwischen 2003 und 2005 war er nach Stuttgart ausgeliehen. Ein Angebot von Barcelona lehnte er ab. Seit sechs Jahren ist er Kapitän. Sein Wort zählt in der Mannschaft. Die Fans blicken zu ihm auf. Er ist weltweit angesehen.
Der FC Bayern wurde groß durch seine ehemaligen Fußballer Hoeneß, Beckenbauer, Rummenigge. Lahm hätte die Größe, sich in diese Tradition einzureihen.
Zum anderen ist da Lahms Persönlichkeit. Er mag manchmal wie ein Bubi gewirkt haben, aber er hat Sinn für Strategie. Und er verfügt über Gespür für Macht, einen Willen zur Macht. Ohne kommt man als Spieler nicht an die Spitze. Fußball mag vordergründig ein Spiel sein, doch es ist auch ein Kampf unter Alphatieren. Gut zu sehen war das 2010, als sich Lahm die Binde der Nationalelf schnappte, als Michael Ballack verletzt war. Nicht zum Schaden der Nationalelf, wie sich vier Jahre später im WM-Finale von Rio herausstellte.
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