Sigmar Gabriel ist seinem Ruf als wankelmütiger Politiker wieder einmal gerecht geworden: Er wird nun doch nicht SPD-Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl am 24. September, obwohl zuletzt eigentlich kaum jemand in der Partei daran gezweifelt hatte. Stattdessen lässt er Martin Schulz den Vortritt. Der langjährige EU-Parlamentspräsident soll auch neuer Parteivorsitzender werden.
Gabriel dagegen dürfte vom Wirtschafts- ins Außenministerium wechseln und dort Frank-Walter Steinmeier ablösen, der am 12. Februar (anstelle von Joachim Gauck) zum Bundespräsidenten gewählt wird. Ob der 61-jährige Schulz auch das Wirtschaftsministerium und das Vizekanzleramt übernimmt, war zunächst offen. Als mögliche Wirtschaftsministerin wurde auch Brigitte Zypries genannt.
Vor allem die schlechten Umfragewerte haben Gabriel zu dieser Entscheidung bewogen. Die SPD fiel zuletzt auf 20 Prozent zurück, während Angela Merkels Union von der Debatte über die innere Sicherheit profitierte und längst wieder deutlich über 35 Prozent liegt. „Alle Umfragen haben gezeigt, dass die Menschen keine große Koalition mehr wollen. Für die stehe aber ich in den Köpfen der Menschen. Daher ist Martin Schulz der geeignete Mann“, soll Gabriel am Dienstagnachmittag in einer nicht öffentlichen Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion gesagt haben – zur allgemeinen Überraschung.
Den Ausschlag hat nach Informationen der „Zeit“ letztlich eine Umfrage unter SPD-Anhängern gegeben, die von Gabriel selbst in Auftrag gegeben worden war. Das für ihn wenig erfreuliche Ergebnis: Schulz, dem noch der Nimbus des Neuen anhaftet, werden deutlich bessere Chancen gegen Merkel eingeräumt.
Dem „Stern“ sagte Gabriel in einem Exklusivinterview, das am Dienstag vorab veröffentlicht wurde: Um einen Wahlkampf erfolgreich führen zu können, gebe es zwei Grundvoraussetzungen.