Die Deutsche Bank – im Herbst fast totgesagt – freut sich trotz neuer Verluste von rund 1,4 Milliarden über eine Verdopplung ihres Aktienkurses und darüber, dass sie ihre größten Rechtsrisiken los ist. Eine Frage bleibt: Hat die Bank eine Strategie?
Börsenkurse sind erratische Wesen, wobei man nicht einmal die vielzitierte „Trump-Rallye“ bemühen muss, um einen aktuellen Beleg für diese These zu finden. Die Deutsche-Bank-Aktie tut es auch: Vier Monate ist es her, dass die Anteilsscheine des größten hiesigen Geldinstituts erstmals unter die Marke von zehn Euro rutschten. Auguren wie der angesehene US-Investor Jeff Gundlach hatten für diesen Fall nicht weniger als eine Panik vorhergesagt.
Stattdessen passierte das Gegenteil: Die Aktie erholte sich nicht nur, sondern explodierte irgendwann regelrecht. Ende Januar notierte sie schließlich bei knapp 20 Euro. Eine Verdopplung binnen 18 Wochen – Wahnsinn! Dabei liegt hinter der Deutsche Bank eigentlich das vielleicht schlimmste Jahr ihrer Nachkriegsgeschichte – schlimmer noch als das Finanzkrisenjahr 2008.
Alles begann vor ziemlich genau zwölf Monaten, als der frisch installierte Vorstandschef John Cryan einen Horrorverlust von 6,8 Milliarden Euro vermelden musste. Es folgten bange Wochen, in denen Spekulanten offensichtlich auf den Ausfall spezieller Deutsche-Bank-Anleihen wetteten. Selbst Wolfgang Schäuble, der deutsche Finanzminister, meldete sich zu Wort, um die Investoren zu beschwichtigen.
Über den Sommer schien es dann tatsächlich, als fände das Institut ein wenig zur Ruhe. Bis die Meldung kam, das US-Justizministerium verlange von der Deutschen Bank für deren Verfehlungen auf dem amerikanischen Immobilienmarkt eine Zahlung in Höhe von 14 Milliarden Dollar. Das war nicht nur deutlich mehr Geld, als man in Frankfurt für die Beilegung dieses seit Jahren schwelenden Rechtsstreits beiseite gelegt hatte. Es war – vereinfacht ausgedrückt – sogar mehr Geld, als die Bank überhaupt zur Verfügung hatte. Das Undenkbare schien plötzlich wieder denkbar. Nämlich, dass der Bund die Deutsche Bank stützen muss. Und nun? Soll plötzlich alles wieder gut sein?
Nein, natürlich nicht – was man allein daran erkennt, dass die Deutsche Bank auch 2016 wieder einen Verlust von immerhin rund 1,4 Milliarden Euro erlitten hat, wie heute früh mitgeteilt wurde.